Abwasseranlagen auf Frachtschiffen

Für die rund 90.000 Schiffe der Frachtschifffahrt werden in der Literatur ca. 600.000 – 800.000 Besatzungsmitglieder angegeben. Auf den rund 400 Passagierschiffen entfallen 40 – 60 Mio. Personentage, die sich mit Berücksichtigung der Besatzung in 200.000 – 250.000 ständige Personen umrechnen lassen. Damit ergeben sich mindestens 1 Mio. Menschen in der globalen Seeschifffahrt, deren Müll und Abwässer zu entsorgen sind. Nicht oder nur eingeschränkt enthalten sind die Fischerei, die küstennahe Inselfahrt, Wohnboote und –-schiffe, Marineschiffe, Fährschiffe, die Sportschifffahrt der ungezählten Segel- und Motorboote und die Bohr- und Förderinseln der Offshoreindustrie.

Definitionen: Abwasser ist laut SBG der Ablauf und sonstiger Abfall aus jeder Art von Toilette, Pissoir und WC-Speigatt, aus dem Sanitätsbereich (Apotheke, Hospital usw.) und in diesem Bereich gelegene Waschbecken, Waschwannen und Speigatte. Ablauf aus Räumen, in denen sich lebende Tiere befinden, oder sonstiges Schmutzwasser, wenn es mit dem vorstehend definierten Ablauf gemischt ist. In DIN–Normen und sonstigen Unterlagen wird das hier bezeichnete Abwasser auch als Schwarzwasser und das Ablaufwasser von Küchen, Pantries, Wäschereien, Kombüsen, Bädern und Duschen wird als Grauwasser bezeichnet.

 

Anfall in
Liter pro Tag
und Person

Handelsschiffe

Passagierschiffe

Normales
System

Vakuum
System

Normales
System

Vakuum
System

Schwarzwasser

70

25

70

25

Grauwasser

200

155

230

185

Tabelle 1: Angaben von Abwasseranfall in Liter pro Tag und Person auf Handelsschiffen und Passagierschiffen (Quelle: Marine Enviroment Protection Committee, MEPC)

 

Das MARPOL-Übereinkommen und das Helsinki-Übereinkommen erfassen bisher nur das Abwasser. Einige Hafenverwaltungen und Kommunen verlangen auch die Behandlung von Grauwasser in inneren Gewässern wie Flüsse oder Lagunen.

 

Für die Abwasseraufbereitung wurden von der Schiffbauzulieferindustrie kompakte Abwasseranlagen entwickelt (Bild 1), die inzwischen Stand der Technik sind und auf allen Seeschiffen installiert wurden. Grau- und Schwarzwasser wird den Kläranlagen zugeführt, mechanisch, biologisch und chemisch physikalisch geklärt und aufbereitet. Bei der mechanischen Klärung erfolgt eine Sedimentation ohne Chemiezusatz, dabei werden ungelöste absetzbare Stoffe aus dem Abwasser entfernt. Bei der biologischen Klärung wird die Aktivität von Mikroorganismen wie  Bakterien und Pilze in Verbindung mit Sauerstoff zum Abbau der im Abwasser enthaltenen organischen Bestandteile genutzt. Dabei entstehen durch Umwandlungsprozesse anorganische Verbindungen (z. B. Kohlendioxyd und Wasser) und eine beständige Biomasse. Für eine vollbiologische Klärung wird eine Absenkung von BSB5 auf unter 25 mg/l gefordert. BSB5 bedeutet, es wird gemessen, wie viel Sauerstoff die im Abwasser vorhandenen Bakterien innerhalb von 5 Tagen verbrauchen. Ist der Wert hoch, verbrauchen die Bakterien viel Sauerstoff und das Abwasser ist noch nicht sehr gut geklärt worden. Der obere Grenzwert liegt in Deutschland bei 40mg/l.

 

Es wird zwischen aeroben und anaeroben Verfahren unterschieden,  die anaeroben Anlagen arbeiten unter Sauerstoffabschluss und die aeroben mit Sauerstoffzufuhr. An Bord der Schiffe werden fast ausschließlich aerobe Anlagen eingesetzt. Es werden vorwiegend 4-Kammer-Anlagen verwendet (Bild 2). In die Kammer 1 fließt das Schwarzwasser. Die 1. und 2. Kammer bilden die Belebungskammern, die durch ein Gebläse belüftet werden, um den aeroben Klärprozess einzuleiten. Die 2. Kammer bekommt auch Zulauf vom Grauwasser. Von hier fließt das Abwasser in die nach dem Schwerkraftprinzip arbeitende Klärkammer, hier setzten sich am Boden die Schwebstoffe als Klärschlamm ab, der mit einer Pumpe in die Belebungskammer zurückgeführt wird. Dies ist notwendig, um dem Schwarzwasser die aktiven Mikroorganismen zuzuführen.

Die 4. Kammer ist die Desinfektionskammer oder auch Chlorierkammer, die durch einen Überlauf mit der Klärkammer verbunden ist. Hier erfolgt die Entkeimung durch Impfung mit einem Desinfektionsmittel, welches über eine Dosiereinrichtung zugeführt wird. Mit Hilfe eines Schwimmerschalters erfolgt eine Entleerung, wenn die Desinfektionskammer gefüllt ist.

 

Für besonders geschützte Meeresgebiete wie z. B. die Polarregionen befinden sich zur Zeit Anlagen mit der hocheffektiven Membrantechnologie in der Erprobung oder Einsatz. Die erste Generation befindet sich derzeit im Bordeinsatz. Auf dem Polarforschungsschiff POLARSTERN erprobt die Fa. Rochem z. B. eine kompakte Anlage und auf der Ostseefähre TRANSEUROPA und Marineschiffen wurden Erfahrungen mit der Memrod-Anlage (Firma Krüger Wabag GmbH) gesammelt. Letztere wurde als vollbiologische Anlage auf dem 2005 abgelieferten Forschungsschiff Planet installiert.

 

Die Einleitung von behandeltem Abwasser darf nach den Vorschriften nur über zugelassene Anlagen erfolgen [1]. Zur Zulassung wird die kleinste Bauart der Baureihe von Abwasser-Aufbereitungsanlagen eines Herstellers einer Typerprobung nach der IMO-Entschließung MEPC.2 (VI) unterzogen. Die einzuhaltenden Grenzwerte sind: 250 Fäkal coliforme Keime/100 ml; 50 mg/l Schwimm- und Schwebstoffe, 50 mg/l Biochemischer Sauerstoffbedarf BSB5. Nach erfolgreichem Abschluss der Typerprobung stellt die See-Berufsgenossenschaft dem Hersteller ein Typenprüfungszeugnis aus, womit die Anlage für den Einbau zugelassen ist. Bei den Abwasser-Aufbereitungsanlagen wird unterschieden nach biologischen Anlagen und Anlagen, die mechanisch zerkleinern und desinfizieren und zusätzlich belüften [1]. In regelmäßigen Abständen wird die Abwasseranlage im Klassenrythmus von 5 Jahren von der SBG bzw. dem Germanischen Lloyd besichtigt und es werden die entsprechenden Abwasser-Zeugnisse ausgestellt.

 

[1]       N.N.: Bauliche Maßnahmen auf Seeschiffen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Öl, Abwasser und Müll; SBG Hamburg, Schiffssicherheitsabteilung, Stand 2002,