Bild 3: Eine gute und offene Zusammenarbeit der Anlagen- und Automationsexperten ist die Voraussetzung bei der Entwicklung einer neuen Automation (Quelle Prof. Ackermann)

 

Automation auf Schiffen

Karl-Heinz Hochhaus

 

Die Automation auf deutschen Schiffen begann 1964 mit zentralisierten Systemen u. a. mit dem Kühlschiff „Polarstern“. Etwa ab 1985 wurden dezentrale Automationssysteme eingesetzt. An einigen Beispielen wird  der heutige Stand dargestellt. Der gesamte Artikel ist in der Hansa Nr. 1/2012 zu finden.

 

1. Rückblick

Erste Antriebsanlagen von Handelsschiffe wurden in Deutschland vor 45 Jahren mit Automationsanlagen ausgerüstet und es wurden in den folgenden 10 Jahren wertvolle Erfahrungen mit diesen Anlagen gesammelt. Zu dieser Zeit gab es nur wenige Reedereien, die diese innovativen Schiffe für den wachfreien Maschinenbetrieb in Dienst nahmen. Auch für die Klassifikationen waren diese Systeme Neuland. Die Zahl der Messstellen zur Überwachung der Anlagen, die Normen und Definitionen der regelungstechnischen Begriffe, sowie die Redundanzen für wichtige Systeme wurden gemeinsam von den Herstellern, den Werften und den Reedereien in Abstimmung mit den Klassifikationen festgelegt [1, 2].

Es waren Schiffe für deutsche Reeder, die sowohl mit Dieselmotoren („Polarlicht“, „Polarstern“ Bauwerft Blohm & Voss) als auch mit Dampfturbinen angetrieben wurden (Bild 1). Für amerikanische Rechnung entstanden in Emden außerdem schnelle Handelsschiffe (Typ Euroliner für Seatrain-Lines) mit automatisierten Gasturbinenantrieben [2]. Obwohl automatische Systeme in Landanlagen bekannt waren, wurden für Schiffe aufgrund der erhöhten Anforderungen durch den Schiffsbetrieb und das schnelle Durchfahren von verschiedenen Klimazonen deutlich höhere Anforderungen gestellt.

Hinzu kam, dass sich die technischen Besatzungen auch bei großen Störungsfällen selbst helfen mussten und die Experten und das Servicepersonal des Herstellers frühestens im nächsten Hafen eingreifen konnten. Zu dieser Zeit wurden die benötigten elektronischen Steuerungen und Regelungen aus diskreten Bauteilen (Transistoren, Dioden, Widerstände und Kondensatoren) aufgebaut und auf Steckkarten zusammengefasst. Ende der 1960ger Jahre wurden integrierte Schaltkreise eingeführt, wodurch sich der Raumbedarf und noch wichtiger, die Zuverlässigkeit aufgrund reduzierter Lötstellen erhöhte. Der Einsatz von hoch integrierten Schaltkreisen und Speichern führte zu kleinen Rechnern (Mikroprozessoren), die auf Steckkarten für verschiedene Aufgaben genutzt werden konnten. Damit konnten je nach Programmierung mit den gleichen standardisierten Bausteinen und Steckkarten verschiedene Aufgaben erfüllt werden. Damit wurde der Schritt von der fest verdrahteten Steuerung zur frei programmierbaren Steuerung vollzogen, die ab Ende der 1970ger Jahr in die Schiffstechnik eingesetzt wurden [3, 4, 5]. Jetzt wurden die Sollwerte, Grenzwerte, Abfragen, Abläufe und Entscheidungen in Programmen abgelegt, die als Software im Gegensatz zu den Sensoren und Stellgliedern (Hardware) bezeichnet wurde.

 

Schiff der Zukunft

Die Erfahrungen mit diesen Systemen führten zu verbesserten Automationsanlagen, die mit fortschreitender Technik besonders im Bereich der Rechner, Mikrorechner und Mikroprozessoren von den zentralen zu den autarken dezentralen Automationssystemen führten. Diese Technologien und Ergebnisse wurden in dem als „Schiff der Zukunft“ bezeichneten bedeutenden Forschungsvorhaben (Bild 2) von verschiedenen Firmen mit Berücksichtigung der Erfahrungen vom technischen Bordpersonal zusammengetragen [5, 6]. Die Redundanz wichtiger Systeme führte anschließend zu einer beträchtlich erhöhten Fehlertoleranz und in der Folgezeit wurden Verbesserungen besonders in den Bereichen Schnelligkeit, Fehlersuche und Optimierungen im Energieverbrauch und der Sicherheit erreicht. Die Schiffsbesatzung konnte trotz enorm wachsenden Schiffsgrößen und gestiegenen Antriebsleistungen aufgrund dieser Fortschritte von 1965 bis 2000 halbiert werden. Der Maschinenbetrieb wurde jetzt weitgehend wachfrei durchgeführt, und entsprechend ausgebildete Schiffsmechaniker konnten statt der Matrosen und Schmierer sowohl im Maschinenraum und auch an Deck für Wartungs- und Überholungs- und Konservierungsarbeiten eingesetzt werden. Der Wachdienst beschränkte sich auf die Brücke, im Maschinenbereich wurde der Wachdienst nur noch im Revierbetrieb durchgeführt. Es wurden Systeme zur Diagnose und Trendüberwachung bei den Schiffsantriebsanlagen und Hilfssystemen entwickelt und erprobt [7]. Sie setzten sich in den Folgejahren durch und mit den heutigen Systemen zur weltweiten Datenübertragung und Kommunikation sind daran auch die Motorenhersteller und andere Zulieferfirmen direkt oder indirekt beteiligt.

           

2. Automation

Unter der Schiffsautomation wird die Anwendung einer übergeordneten technischen Einrichtung zur Überwachung, Steuerung, Regelung, Alarmierung und Dokumentation von unterschiedlichen schiffstechnischen Prozessen verstanden. Heutige Schiffe sind damit in verschiedenen Bereichen ausgestattet, auf der Brücke (Brückenautomation), im Maschinenraum (Hauptmaschinen-Automation, E-Erzeugungs-Automation) und auch bei anspruchsvollen Ladungen wie z. B. Kühlladung in Kühlschiffen (Ladungskühlanlagen-Automation) sowie in Kühlcontainerschiffen (Power Cable Transmission PCT) verstanden. Eine Automation besteht heute aus Soft- und Hardware, in denen Sensoren, Steuerungen und Regelungen integriert sind. Außerdem werden geeignete Ein- und Ausgabemöglichkeiten, Anzeigen, Alarmierungen und Protokolle zur Dokumentation benötigt. Wichtig bei der Entwicklung ist eine gute und offene Zusammenarbeit der Anlagen- und Automationsexperten (Bild 3).

 

2.1 Sensoren [8]

2.2 Steuerungen [8]

2.3 Regelungen [8]

3. Brücke - adaptive Regelung


 

4. Maschinenraum - energetisch optimierte Kühlwasserregelung


 

5. Ladung- kontrollierte Atmosphäre 

 

6. Kühlcontainerladeraum 

 

7. Passagiere - optimierte Belüftung auf Kreuzfahrtschiffen

 

8. Zusammenfassung

Dieser kurze Überblick geht nach einem kurzen Rückblick auf die Definitionen ein und zeigt, wie schnell die Automation sich die Schifffahrt erobert hat. Die angeführten Beispiele dokumentieren den derzeitigen Stand in einigen schiffstechnischen Bereichen. Da auf automatisierten Schiffen die Zahl der Besatzungsmitglieder aufgrund des wachfreien Betriebes und der integrierten Besatzung nahezu halbiert wurden, waren die Reeder schnell vom Nutzen überzeugt. Die derzeitige Weiterentwicklung einer intelligenten Automation erfolgt primär mit den Zielen, die Schiffssicherheit und das Wohlbefinden der „Ladung und Passagiere“ zu steigern sowie den Energieverbrauch zu reduzieren.

 

Literatur
[1] Augustin, H.: Einzelautomatiken und Rechnereinsatz für den Ladungskühlbetrieb, Hansa Heft 8, 1967, Schiffahrts-Verlag »Hansa«
[2] Müller, C.:  Automatisierte Gasturbinenantriebe mit Wellengeneratoren für schnelle Handelsschiffe;
 [3] Aschpurwis, D., Hellwich, P.: Automatische Brückenfernsteuerung unter Verwendung von Mikroprozessoren; Hansa Heft 1, 1978, Schiffahrts-Verlag »Hansa«
[4] von Thienen, K.: Steuerung und Regelung mit Mikrocomputern in der Schiffstechnik, STG Jahrbuch Band 72, 1978
[5] Damaschke, R.: Systemstandardisierung von Automationsanlagen auf Schiffen; STG Jahrbuch Band 78, 1984
[6] N.N.: Ergebnisse des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens, Schiff der Zukunft; Herausg. Germanischer Lloyd, Hamburg 1986,
[7]  Müller, H., Reetmeyer, H.: Wissensbasierte Systeme in der Schiffsbetriebstechnik, STG Jahrbuch Band 88, 1994
[8] Ackermann, G.: Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, in Handbuch Schiffsbetriebstechnik (S. 661-702), 2006 Hamburg, Seehafen Verlag
[9] Droste, W.: Meßmethoden für Treibstoffverbrauch als Grundlage für Kursregleradaption
STG Jahrbuch Band 77, 1983
[10] Hochhaus, K.-H., Mehrkens, J.D.: Kühlwassersysteme auf Motorschiffen, in Handbuch der Werften, Band 23; Schiffahrts-Verlag »Hansa«
[11] Hochhaus, K.-H., Glandien, H.: Cool, Reefertechnik mit Zukunft ; 2006 Seehafen Verlag; ISBN 978-3-87743-818-3
[12] Jacobsen, O.: Energieoptimierung der Laderaumlüftung auf Kühlcontainerschiffen; Vortrag auf der STG-Hauptversammlung, 2011 in Rostock
[13] Behrens, V., Hochhaus, K.-H., Wild, Y.: Schiffsbelüftungs- und Klimaanlagen, in Handbuch der Werften, Band 25; Schiffahrts-Verlag »Hansa«
[14] Salge, H.: Energiesparende Automation. Steuerung von Schiffsklimaanlagen, STG-Sprechtag "Energieeffiziente Klimatisierung von Schiffen" am 19.10.2011 in Bremerhaven

Bild 1: Das Kühlschiff „Polarlicht“ der Hamburg Süd (Baujahr 1964, Bauwerft Blohm & Voss) mit teilautomatisiertem Hauptdieselmotor und vollautomatischer Ladungskühlanlage (Quelle B&V)
Bild 1: Das Kühlschiff „Polarlicht“ der Hamburg Süd (Baujahr 1964, Bauwerft Blohm & Voss) mit teilautomatisiertem Hauptdieselmotor und vollautomatischer Ladungskühlanlage (Quelle B&V)
Bild 5: Übersichtsgrafik zur Automation der wichtigsten Systeme eines Kreuzfahrtschiffes (Quelle Siemens)
Bild 5: Übersichtsgrafik zur Automation der wichtigsten Systeme eines Kreuzfahrtschiffes (Quelle Siemens)
Bild 11: Zwei-Kanal-Anlage mit Umluftanteil  (Quelle: ABB Fläkt)
Bild 11: Zwei-Kanal-Anlage mit Umluftanteil (Quelle: ABB Fläkt)