Abbildung 1: Die „Windea la Cour“  wurde in Hamburg getauft (Quelle Siemens)

 

 

Die „Windea La Cour“ ergänzt die Offshoreaktivitäten von Siemens

Karl-Heinz Hochhaus

Der folgende Text wird von mir  in der Juni-Ausgabe 2017 vom Organ des Flensburger Schiffsingenieurvereins

"Schiffsbetriebstechnik Flensburg" veröffentlicht


1. Einführung
Die „Windea La Cour“ ist ein dieselelektrisch betriebenes Offshore-Service-Schiff für  Siemens Wind Power, das 2015/16 bei der norwegischen Ulstein-Werft gebaut  wurde. Am 23. Juni 2016 erfolgte die Ablieferung an BS Offshore, die 2015 gegründete Offshore-Sparte von Bernhard Schulte. Bereedert wird das unter deutscher Flagge fahrende Schiff von der Bernhard Schulte Shipmanagement. Das Schiff wurde für den Einsatzzweck als Transferschiff für Wartungsarbeiten in Offshore-Windparks konstruiert. Die besondere Rumpfform und der runde, als „X-Bow“ bezeichnete Bug (Abb. 1, Tab. 1) und das besondere Heck sind besonders gut für den Einsatz in der rauen Nordsee geeignet.

2. Nordseeeinsatz in Offshore-Windparks
Das auch als Service Operations Vessel (SOV) bezeichnete Spezialschiff und seine Schwester werden von Siemens seit September 2016 für die von der Küste weit entfernten Offshore-Windparks Gemini und Sandbank eingesetzt und für jeweils etwa 30 Tage in den Windparks stationiert. An Bord befinden sich neben der Schiffsbesatzung die Servicetechniker, die von hier aus mit den notwendigen Werkzeugen und Ersatzteilen ausgestattet werden. Insgesamt stehen für die 40 Servicetechniker an Bord komfortabel eingerichtete Einzelkabinen zur Verfügung. Die Techniker gelangen über eine spezielle, hydraulisch stabilisierte Gangway sicher direkt auf die Landeplattformen der Türme, auf denen sich die Windanlagen befinden. Die Techniker können auch je nach Wetter und Arbeitseinsatz mit den 12 Meter langen Tochterbooten (Abb. 2) zu den Türmen gebracht werden [1].

2.1 Beschreibung der „Windea La Cour“
Der Rumpf der „Windea La Cour“ entstand bei der Crist-Werft in Polen und die Ausstattung erfolgte ebenso wie die Erprobung bei der Ulstein-Werft in Norwegen. Die „Windea La Cour“  ist rund 88 m lang, 18,6 m breit und hat einen Tiefgang von 6,4 m. Die Ballasttanks fassen 2370 m³.

Zur Stromversorgung dieses dieselelektrisch angetriebenen Schiffes dienen vier mittelschnell laufende Viertakt-Dieselmotoren vom Typ Caterpillar 3512 mit insgesamt 7.060 kW Leistung. Die elektrische Leistung wirkt jeweils über Frequenzumrichter auf die Antriebe. Es wurden  insgesamt vier Antriebsthruster, drei Manöverthruster und ein unter dem Rumpf ausfahrbarer Thruster installiert, um den Anforderungen nach dynamischer Positionierung (DP 2) zu genügen.

Name

„Windea La Cour“

Schiffstyp

Service Operations Vessel (SOV)

Flagge

Deutschland

IMO-Nr.

9769025

MMSI

MMSI: 218824000

Rufzeichen

DJPQ2

Bruttoraumzahl

5.897 BRZ

Tragfähigkeit

3.200 tdw

Länge

88 m

Breite

18,6 m

Tiefgang

6,4

Geschwindigkeit

13,1

Baujahr

2016

Tabelle 1: Daten der "Windea la Cour

Abbildung 2: „Windea La Cour“  (Quelle Siemens)

Die Techniker gelangen von der „Windea La Cour“ über eine spezielle, hydraulisch stabilisierte Gangway  auf die Landeplattformen der Türme oder  werden  je nach Wetter und Arbeitseinsatz mit den 12 Meter langen Tochterbooten, hier in der Ausschnittsvergrößerung zu sehen,   zu den Türmen gebracht.  Der Rumpf der „Windea La Cour“ entstand bei der Crist-Werft in Polen und die Ausstattung erfolgte ebenso wie die Erprobung bei der Ulstein-Werft in Norwegen.

3. Siemens Offshore
Die Siemens AG wurde vom deutsch-niederländischen Netzbetreiber TenneT mit dem Bau von fünf Nordsee-Netzanbindungen beauftragt. Zusammen weisen diese Hochspannungs-Gleichstrom Übertragungs-Anlagen (HGÜ) fast 4 Gigawatt an Übertragungsleistung auf. Das  reicht zur Versorgung von rund fünf Millionen deutschen Haushalten aus. Etwa 50%, rund 2,1 Gigawatt aus drei Netzanbindungen (Abb. 3) davon kommt am Netzknotenpunkt Büttel an [2] , hier wird der Gleichstrom in Drehstrom gewandelt und ins Landnetz eingespeist. Siemens Wind Power ist das separat geführte Windenergie-Geschäft der Siemens AG, die rund um den Globus bisher mehr als 35.000 Megawatt (MW) Onshore- und Offshore-Energie an Windkraftleistung installiert haben. Im am 30. September 2016 geendetem Geschäftsjahr 2016 erzielte Siemens Wind Power mit rund 14.500 Beschäftigten ein Umsatzvolumen von rund 6 Milliarden Euro und einen Gewinn von fast 465 Millionen Euro .

Im Jahr 2016 war Siemens bezogen auf die neu installierte Leistung von 2.100 Megawatt weltweit der achtgrößte Hersteller bei Onshore-Windkraftanlagen und im Offshore-Bereich mit 152 MW neu installierter Leistung zweitgrößter Hersteller nach Shanghai Electric [1].

3.1 Errichterschiffe
A2SEA mit Sitz in Fredericia ist ein dänisches Unternehmen und betreibt u. a. eine Reederei mit mehreren Errichterschiffen [3] [4] zum Aufbau der Offshore Windanlagen (Abb. 4, 5). A2SEA gehört zu 51 % dem dänischen Energieversorgungs-Unternehmen Dong Energy und zu 49 % Siemens Wind Power.

2000 wurde A2SEA gegründet und charterte für den Bau von Offshore-Windparks in Küstennähe 2001/2002 die Frachtschiffe „Ocean Ady“ und „Ocean Hanne“, die durch die Nachrüstung eines Bordkrans und den Anbau von 4 Hubbeinen zu Errichterschiffen umgebaut wurden. Der Windpark Horns Rev mit 80 Windkraftanlagen wurde 2002 mit diesen Schiffen von A2SEA  errichtet, das erste größere Projekt. Mit der Beteiligung am Aufbau von zahlreichen Offshore-Windparks wuchs A2SEA, kaufte 2005 die beiden umgebauten Errichterschiffe und nannte sie in „Sea Energy“ und „Sea Power“ um. In den folgenden Jahren wurde A2SEA zum Marktführer und übernahm 2007 und 2008 die Errichterschiffe „Sea Jack“ und „Sea Works“. Im Jahr 2009 wurde A2SEA von Dong Energy gekauft, die 2010 eine Minderheitsbeteiligung von 32,8 % an Siemens Wind Power abgaben, die im selben Jahr auf 49 % aufgestockt wurde [1].

2012 nahm A2SEA das nach eigenen technischen Vorgaben auf der COSCO Shipyard Company gebaute Errichterschiff „Sea Installer“ (Abb. 4)  in Betrieb, 2014 folgte die “Sea Challenger“  Heute besteht die eigene Flotte aus 3 Errichterschiffen, neben der „Sea Installer“ die „Sea Challenger (Abb. 5)  und die  „Sea Jack“ (s. a. Tabelle 2).

Abbildung 3: HGÜ Anlage Sylwin (Quelle Overdick)

Siemens AG wurde vom deutsch-niederländischen Netzbetreiber TenneT mit dem Bau von fünf Nordsee-Netzanbindungen beauftragt, die als  Hochspannungs-Gleichstrom Übertragungs-Anlagen (HGÜ) ausgeführt wurden.  Etwa 50%, rund 2,1 Gigawatt aus drei Netzanbindungen (Abb. 3) davon kommt am Netzknotenpunkt Büttel in Schleswig Holstein an. Hier wird der Gleichstrom in Drehstrom gewandelt und ins herkömmliche Landnetz eingespeist.

Abbildung 4: Errichterschiff "Sea Installer" im Offshore Windpark beim Aufbau einer Gondel (Quelle A2SEA)

 


Name
Typ/IMO Nr.
Rufzeichen
Status

Abmessungen LxBxT
Tragfähigkeit
Beine
Kran

Flagge
Bauwerft
Inbetriebnahme
Klassifikation

Sea Jack (ex Jumping Jack)

91 x 33 x 5,5

Dänemark

Hubinsel/ 8767263

3.625 tdw

Ravestein, Deest Niederlande

PBGR

4 x

2003

in Fahrt

 800 t

GL

Sea Installer

132 m x 39 m x 5,8

Dänemark

Errichterschiff/ 9646481

 5.000 tdw

COSCO Shipyard Company, Nantong VR China

 OYPY2

 4x 73 m

2012

in Fahrt

 800 t

DNV GL

Sea Challenger

132 m x 39 m x 5,8

Dänemark

Errichterschiff/9658290

 5.000 tdw

COSCO Shipyard Company, Nantong VR China

OWLQ2

 4x 73 m

2014

in Fahrt

 800 t

DNV GL

 

Tabelle 2: Errichterschiffe der Reedereigruppe A2SEA

 

3.2 RoRo-Schiffe zum Transport von Maschinenhäusern [5] 
Die Schiffe wurden von der Concordia Group für den Transport von großen Gondeln und Rotorblättern für Windenergieanlagen umkonstruiert. Hintergrund ist das auf der EWEA 2015 gestartete neues Offshore-Logistikkonzept von Siemens, dass auf einem langfristigen Rahmenvertrag mit Deugro Danmark beruht. Der Umbau der „Rotra Vente“ von einem aufliegende Containerschiff in ein Spezial-RoRo-Schiff wurde bei  der Shipyard de Schroef in Sas van Gent und Holland Shipyards Hof in Hardinxveld-Giessendam unter Beteiligung von Firmen aus Werkendam und Umgebung realisiert. Das Schiff wurde im Dezember 2016 ausgeliefert, während das zweite Schiff, die „Rotra Mare“ im Jahr 2017 fertig gestellt werden soll.

Name

„Rotra Ventre“

Schiffstyp

RoRo-Schiff

Flagge

Niederlande

IMO

9805568

MMSI

244890472

Rufzeichen

PBPH

Bruttoraumzahl

7702 BRZ

Tragfähigkeit

6500 tdw

Länge

141 m

Breite

20 m

Tiefgang

6,7 m

Geschwindigkeit

16,7

Baujahr

2016

 

Tabelle 3: Daten der „Rotra Vente"

 

3.3 Beschreibung der„Rotra Vente“
Die „Rotra Vente“ (Tabelle 3) basiert auf dem Rumpf eines bestehenden Containerschiffs, das mit einer sehr speziellen Bugrampe für die Beladung der Flügel und Maschinenhäuser ausgestattet wurde (Abb. 6). Der vordere Rumpf nimmt die charakteristische hydraulisch betätigte Bugpforte und Rampe auf, während das Heck das Steuerhaus und den Maschinenraum beherbergt. Das Schiff hat eine Gesamtlänge von 141,5 m, Breite von 21 m und Tiefgang von 7,10 m. Die Bruttoraumzahl  beträgt 7.700 BRZ und die Tragfähigkeit. 6.500 tdw. Das Hauptdeck wird von einem zusammenklappbaren Wetterdach geschützt, um die Maschinenhäuser vor Windenergieanlagen vor der salzigem Meerwassergischt zu bewahren. Die „Rotra Vente“ ist inzwischen im Betrieb und hat mehrere Maschinenhäuser von Apenrade durch den Nord-Ostsee-Kanal nach Esbjerg an die Nordsee transportiert. Der Wasserweg ist trotz der rund 300 Kilometer längeren Strecke günstiger als die Fahrt über die Straße. Die Entscheidung zum  Umbau der Fähren erfolgte auch im Hinblick auf den neuen Produktionsstandort Cuxhaven.

4. Bernhard Schulte Shipmanagement
Mit der Gründung der Tochterfirma Bernhard Schulte Offshore GmbH und dem Bau von zwei Serviceschiffen zur Instandhaltung der Siemens-Offshore Windparks engagierte sich die Schulte Gruppe 2015 im Offshore-Bereich (SOV).

Das Unternehmen ging aus der 1883 in Papenburg gegründete Reederei Schulte & Bruns hervor. Bernhard Schulte gründete 1955 eine eigene Reederei in Hamburg und baute seine Flotte im Zuge der Suezkrise rasch aus.1968 wurden erste Gastanker übernommen, und 1971 wurden Schiffe nach Liberia ausgeflaggt. Bernhard Schulte beteiligte sich 1972 mit 25% beim Aufbau der Hanseatic Shipping Company in Limassol auf Zypern, und er zählte zu den ersten Reedereien mit ausländischem Schiffsmanagement. Aufgrund der 1981 beginnenden Schifffahrtskrise reduzierte sich bis 1987 der Schiffsbestand von 30 eigenen und rund 100 bereederten Schiffen auf 22 eigene Schiffe

Im Jahr 2008 wurden die unabhängigen  Schiffsfirmen in einer Firmenstruktur unter dem Namen Bernhard Schulte Shipmanagement vereinigt. Die Schulte Group umfasste damit die Reederei Bernhard Schulte als Reeder der eigenen Schiffe, die Bernhard Schulte Shipmanagement als Schiffsmanagementunternehmen, die OPDR als eigenständige Linienreederei und die BS Treuhand als Treuhandunternehmen. 2011 bezog die Schulte Group ein neues Reedereigebäude in Hamburg am Vorsetzen und im November 2014 wurde die OPDR an die französische Reederei-Gruppe CMA CGM verkauft. 2015 und 2017 werden je ein 15.000 tdw Ethylene-Tanker in die Tankerflotte integriert und 2018 wird ein 174.000 cbm LNG-Tanker an die Gruppe abgeliefert.

5. Zusammenfassung
Aus dem Anlass der Inbetriebnahme von zwei Offshore-Serviceschiffen für Siemens Wind Power, die Bernhard Schulte Shipmanagement bereedert, werden in diesem Beitrag einige andere Aktivitäten von Siemens Wind Power dargestellt. Nach dem Engagement im Bereich der Offshore-Windanlagen hatte sich Siemens 2010 an der dänischen Reedereigruppe A2SEA mit 49% beteiligt. Das Hauptgeschäft war der Betrieb von Errichterschiffen zum Aufbau von Windanlagen im Meer. Auch die Schwierigkeiten im Transport von immer größeren Gondeln und Rotorblättern für Offshore Windenergieanlagen ließen sich durch die Verlagerung von der Straße auf das Wasser elegant lösen. 2 aufliegende Containerschiffe wurden in spezielle „überdachte“ RoRo-Schiff umgebaut, die auch das neue Siemens-Werk in Cuxhaven  bedienen werden.

6. Literatur/Quellen
[1] N. N. :Siemens-Schiff "WINDEA La Cour" erhält Offshore Support Journal Award 2017, Siemens Presse Information Dezember 2016
[2] Fact Sheet, HGÜ-Landstation in Büttel, Siemens 
[3] Hochhaus, Karl-Heinz; Offshore-Windanlagen-Errichterschiff „Innovation“ ; 2012 Hansa Nr. 11
[4] Siemens beteiligt sich an Offshore-Wind-Spezialisten A2SEA, 29. Juni 2010; Siemens Presse-Information Erlangen/Fredericia, Dänemark,
http://www.siemens.com/global/de/home/branchen/windenergie/fakten.html
[5]  Siemens Wind Power stellt in Esbjerg erstes Transportschiff für Windturbinen vor; Siemens Presse Information Dezember 2016