STG  Studentensprechtag an der Fachhochschule Leer

Dr.-Ing. Karl-Heinz Hochhaus

1. Einführung

Vor rund 130 Teilnehmern (Abb. 1) fand im Oktober der Studentensprechtag 2014 an der Hochschule Emden/Leer (früher Seefahrtschule Leer, Abb. 2) statt. Im Vordergrund standen ausgewählte Abschlussarbeiten von den verschiedenen maritimen Hochschulen und Universitäten. Der Präsident der Hochschule Emden, Prof. Gerhard Kreutz und der Dekan der FH Leer, Prof. Marcus Bentin, bedankten sich bei der STG, dass diese Veranstaltung zum ersten Mal in Leer stattfinden konnte. Die Moderation erfolgte durch Prof. Patrick Kaeding, Leiter des STG-Fachausschusses (FA) „Ausbildung und Fortbildung“.

2. Firmenvorstellungen

Für die Studenten und Firmen wichtig waren die Präsentationen von Reedereien und Werften aus der Region, welche um ingenieurtechnischen Nachwuchs warben und an Informationsständen gezielte Auskünfte gaben.


2.1 Reederei Briese, Leer

Die Reederei Briese Schiffahrt, Leer wurden von Wilke Briese und Mitarbeitern vorgestellt. Die Reederei bereedert aktuell 135 Mehrzweck– und Schwergutschiffe mit bis zu 800 t Krankapazität. 225 Mitarbeiter werden an Land und rund 1.900 Mitarbeiter auf den Schiffen beschäftigt.

Außerdem besteht bei der Reederei eine schlagkräftige Abteilung Forschungsschifffahrt, sie  ist zuständig für die Bereederung der deutschen Forschungsschiffe „Alko“, „Heincke“, „Poseidon“, „Maria S. Merian“, „Elisabeth Mann Borgese“ und „Meteor“. Im Rahmen dieser Vorstellung wurden von der Reederei Briese interessante Arbeitsplätze für Ingenieure auf den fahrenden Schiffen und beim Schiffsneubau, aber auch in der technischen Inspektion angeboten.

 

2.2 Werft Abeking & Rasmussen (A & R)

Anschließend stellte Björn Wiedenbäk die Werft A & R vor, die 1907 durch Georg Abeking und Henry Rasmussen gegründet wurde. Er ging näher auf die derzeit aktuellen Neubauprojekte ein. Schwerpunkte im Bauprogramm sind Behörden- und Marineschiffe sowie Jachten und Lotsenschiffe. Bei letzteren betonte er den erfolgreichen „Swath“-Schiffstyp, von dem die Werft insgesamt 22 Schiffe ablieferte.  Wiedenbäk präsentierte anhand eines Organigramms die Zuständigkeiten im Werftbetrieb. Rund 20 % der Belegschaft sind Ingenieure und Techniker, 11% sind in der Verwaltung beschäftigt und der Rest arbeitet in der Produktion.

 

2.3 Verband für Schiffs- und Meerestechnik (VDMA)

Diese erste Vortragsgruppe wurde von Hauke Schlegel (VDMA) fortgesetzt, der im Rahmen des Berliner Studiums seine Diplomarbeit zum interinsularen Verkehr in Indonesien weitgehend vor Ort erstellte. Er sprach stellvertretend besonders für die deutsche Zulieferindustrie, die von seinem Verband vertreten wird. Statistische Daten seiner Präsentation gaben dem Auditorium einen vertieften Einblick mit Informationen zum Weltschiffbau (Abb. 6) und zur Umsatzentwicklung von 2004 bis 2014 (Abb. 7). Er zeigte, dass die deutsche Schiffbauzulieferindustrie im Export weltweit an der Spitze steht.



2.4 Fr. Lürssen Werft

Die 1875 von Friedrich Lürßen gegründete Fr. Lürssen Werft wurde von Carsten Spieker Abb. 8 präsentiert. Die in Abb. 9 gezeigten Standorte mit den verschiedenen Schwerpunkten vom Jachtbau bis zum Reparaturgeschäft wurden angesprochen. Er nannte die wichtigsten Geschäftsfelder: Neubau Mega-Jachten, Neubau Marineschiffe und Schiffsreparatur an Beispielen des Produktportfolios und erläuterte die Besonderheiten im Spezialschiffbau anhand der Projektierung, Konstruktion, Fertigung und Inbetriebnahme. Er ging auf den Konstruktionsablaufs ein, bestehend aus der  Schiffstheorie, dem Schiffbau, Maschinenbau, die Ausrüstung, Elektrotechnik und die Inneneinrichtung. Zur Schiffstheorie gehören auch die Schlepp- und Windkanalversuche in den Versuchsanstalten. So dauern anspruchsvolle Projekte von der Planung bis zur Ablieferung bis zu vier Jahre.

 

2.5 Meyer Werft, Papenburg

 Johannes Weber stellte die Meyer Werft vor, die in 6. Generation in Papenburg erfogreich Schiffe baut. Die  „Homeric“ war 1984 (Abb. 10) das erste Kreuzfahrtschiff der Meyer Werft, sie kam 1988 zurück und wurde um 40 Meter verlängert. Seitdem wurde die Werft konsequent auf den Bau dieser anspruchsvollen Schiffe ausgerichtet. Sie gilt als die erste Kompaktwerft in Europa und zählt mit zwei überdachten Baudockhallen, in denen die Schiffe nach dem dem Lego-Prinzip (Block-Bau) zusammengesetzt werden, zu den modernsten Werften der Welt.

Mit Korrosionsschutz versehene Platten werden mit der Plasmabrennanlage zugeschnitten,mit Profilen und Unterzügen sowie Seitenwänden zu Sektionen verarbeitet und mit Kabeln und Rohrleitungen vorausgerüstet. Etwa acht bis zehn dieser Sektionen bilden einen Block. Aus etwa 70 Blöcken, die bis zu 800 Tonnen wiegen können, entsteht so ein Kreuzfahrtschiff.

Das besondere Interesse des Auditoriums galt der Beteiligung an der finnischen Werft in Turku, wodurch die Meyer Werft die bisherige durch die Ems vorgegebene Beschränkung überwunden hat und seinen Marktanteil aiuf 43 % (Abb. 11) ausweiten konnte.

3. Studentische Arbeiten

Im folgenden Text werden die studentischen Vorträge zusammenfassend dargestellt

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3.1 Daniel Jansen (FH Flensburg)

Die von ihm erstellte Arbeit „Anforderungen an eine Power-to-Gas-Anlage für den Offshore-Einsatz mit einer Anschlussleistung von 240 MW“ war der Hintergrund seines Vortrages zur Umwandlung von Solar- und Windstrom zu Gas (power to gas). Diese Möglichkeit zur „Speicherung von Strom“ wird mittelfristig und besonders langfristig für Offshore-Windstrom interessant, um Stromerzeugung und -verbrauch auszugleichen (Abb. 12). Seine Untersuchungen des technischen Systems (Abb. 13) ergaben jedoch, dass diese Offshore-Anlagen sowohl vom Wirkungsgrad (um 30 %) als auch bezgl. des Aufwandes und der  Kosten bisher nicht vertretbar sind.

 

3.2 Hauke Herrnring (TUHH)

Hauke Herrnring präsentierte die Ergebnisse seiner Arbeit zur „Validierung von 3D-Akustik-Fluid-Elementen für Vibrationsanalysen von Schiffen“ (Abb. 14). Die Ergebnisse der von ihm durchgeführten FE-Simulationen stimmen mit der analytischen Lösung und den Messergebnissen der Werft sehr gut überein. Er konnte zeigen, dass globale Schwingungen der Schiffskörper mit den Akustik-Fluid-Elementen simuliert werden können und die benetzte Oberfläche die Eigenfrequenz des Schiffes stark beeinflusst.

 

3.3 Robert Kutz (TU Berlin)

Es wurde ein neuartiges Oberflächenfahrzeug vorgestellt, das als Kommunikationsknoten zwischen Unterwasserfahrzeugen und Satelliten dienen soll (Abb. 15). Im Rahmen des Forschungsprojektes SMIS zur Kartographierung von Rohstoff-Explorationsgebieten wird ein neuartiges autonom operierendes Fahrzeug benötigt. Dazu hat er strömungsmechanische Berechnungen vorgestellt. Notwendige Formänderungen wurden schrittweise durchgeführt, mit CFD-Rechnungen überprüft und bei Verbesserungen bzgl. Widerstand und Trimm übernommen. Diese Ergebnisse flossen in den Formentwurf ein und die Optimierung ergab ein äußerst ungewöhnliches Wasserfahrzeug mit einem Elektroantrieb, der von Akkumulatoren gespeist wird. Es hat eine kleine Wasserlinienfläche und ist mit   Satellitenantennen über der Wasserlinie und  Akustik–Modem (USBL) unter der Wasserlinie ausgestattet.

 

3.4 Marvin Kötter (Universität Duisburg-Essen)

An einer Yacht der Lürssengruppe hat Marvin Kötter die Reduzierung von Geräuschemissionen bei dem Betrieb von Querstrahlrudern durch Lufteinblasung theoretisch und praktisch untersucht. Bei dem Versuch zur Lufteinblasung wurden die Luftschallpegel und Körperschallpegel in verschiedenen Räumen mit aus- und eingeschalteter Lufteinblasung getestet (Abb. 16). Die Auswertungen der Messdaten ergab eine Reduzierung des Luftschallpegels von bis zu 13 dB(A). Abschließend hat er das Auditorium akustisch an den Ergebnissen teilhaben lassen. Im „stillen“ Saal demonstrierte er die aufgenommenen Geräuschpegel mit und ohne Lufteinblasung.

 

3.5 Sebastian Greshake (Universität Rostock)

Die „Erstellung einer flächenbasierten Schiffsformbeschreibung aus Schiffslinien“ war der Vortragstitel von Sebastian Greshake. Eine wichtige Aufgabe des Entwurfsprozesses ist die Beschreibung der Schiffsform. Üblicherweise wird eine Schiffsform durch den Linienriss beschrieben. Einige Anwendungen erfordern jedoch eine Flächenbeschreibung, die aus den Schiffslinien erzeugt werden kann. Im ersten Teil des Vortrages erklärte er die Grundlagen des als „Subdivision Surface“ bezeichneten Verfahrens, ging im zweiten Teil auf die Anwendung dieser Methode ein und verglich sie abschließend mit der Spline-Methode (Abb. 17).

 

3.6 Matthijs Schütte (Hochschule Emden/Leer)

Den Belieferungsprozess zwischen dem Stahllieferanten ThyssenKrupp Schulte und der Meyer Werft hat Matthijs Schütte untersucht und optimiert(Abb. 19). Nach der Aufnahme des Istzustandes hat er die Ziele definiert, eine Schwachstellenanalyse durchgeführt und ein Sollkonzept erstellt. Nach dem wirtschaftlichen Vergleich erfolgte die Umsetzung in eine schlanke ganzheitliche Lieferkette mit der in der Zielstellung definierten 100 % Materialverfügbarkeit. Die computergestützte Logistik reduziert die Verschwendung von Material sowie Lagerflächen und mit dem Materialflussleitsystem erreicht jedes Bauteil zur richtigen Zeit den richtigen Ort. Kürzeste Transportwege, minimale Leerfahrten und präzise Just-in-Time-Versorgung sind gewährleistet.

 

4. Preisverleihung

Die Vorträge wurden anschließend von den Mitgliedern des Fachausschusses (FA) „Ausbildung und Fortbildung“ bewertet und mit Geldpreisen ausgezeichnet. Der FA-Leiter Patrick Kaeding betonte die hohe Qualität der Vorträge und nahm die Preisverleihung vor. Sebastian Greshake (Abb. 20) wurde mit dem 1. Preis ausgezeichnet, den 2. Preis erhielt Marvin Kötter und vier 3. Preise wurden anHauke Herrnring, Daniel Jansen, Robert Kutz und Matthijs Schütte verliehen.