Kühlschifffahrt, Containerschiffe verdrängen Kühlschiffe

Über die aktuelle Entwicklungen der Kühlschifffahrt, in der optimierte Kühlcontainer auch den Transport empfindlicher Früchte übernehmen,  berichtet Karl-Heinz Hochhaus

 

1. Einführung

Dieser spezielle Schifffahrtszweig für den Kühltransport wird ganzheitlich dargestellt, um die Wechselwirkungen und Hintergründe des Kühlgütermarktes, der Schiffe [1]  der Kühlcontainer und die Einflüsse neuer Technologien zu beschreiben [2, 3]. Daher werden in diesem Beitrag auch der Weltmarkt der Kühlgüter und der nicht unbeträchtliche Anteil von „Kühlladung über See“ berücksichtigt. Der Kühltransport ist von der Finanzkrise weniger betroffen als die anderen Segmente der Schifffahrt, in denen die Charterraten drastisch eingebrochen sind. Haben die Containerschiffe ab 1965 die Stückgutschiffe mit Kühlraum abgelöst, verdrängen sie seit 2000 zunehmend die Kühlschiffe.

 

2. Kühlgüter  

Weltweit werden rund 175 Mio. t  Kühlgüter exportiert. Mehr als die Hälfte, 90 Mio. t werden mit Kühl- und Containerschiffen (Abb. 1) über See transportiert. Dieser Ladungszweig ist relativ unabhängig von Konjunkturen oder Krisen, denn hierbei handelt es sich weitestgehend um Lebensmittel und gegessen wird immer. Die Kühlladung teilt sich auf in Güter (Abb. 2), die mit Minus- oder mit Plustemperaturen gefahren werden. Erstere sind Fleisch, Fisch und verarbeitete Produkte, bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt werden Obst, Gemüse und Blumen transportiert.

 

2.1 Fleisch, Fisch und Milchprodukte

Diese Güter werden vorwiegend tief gefroren bei Temperaturen von -18 bis -30° C transportiert. 2011 wurden weltweit etwa 36 Mio. t Fleisch exportiert, rund 23 Mio. t wurden über See vorwiegend tiefgekühlt in Kühlcontainern transportiert. Darin enthalten ist auch Kühlfleisch (chilled meat), es wird als Frischfleisch bezeichnet, da es bei sachgemäßem Kühlen um 0 bis -2 °C die Eigenschaften frischen Fleisches behält. Der weltweite Handel mit Fisch und Meeresfrüchten erreichte in 2011 rund 23 Mio. t, davon wurden fast 16 Mio. t über See verschifft. 2011 wurden etwa 6,5 Mio. t Milchprodukte wie Käse (5 Mio. t) und Butter (1,5 Mio. t) exportiert, davon mit etwa 1,8 Mio. t weniger als die Hälfte über See.

 

2.2 Früchte

Beim globalen Handel mit Früchten stehen Bananen mit etwa 15,7 Mio. t an 1. Stelle, mit 15,5 Mio. t. spielen Bananen [4, 5] beim seeseitigen Kühlgütertransportes eine wichtige Rolle (Abb. 3). Sie werden über längere Strecken vorwiegend in Kühlschiffen transportiert. Jedoch wurden von Maersk Line mit Verwendung spezieller Kühlcontainer wöchentliche Bananen-Dienste wie z. B. „Ecumed“ oder „Ecubex“ von Ecuador bis  ins Schwarze Meer bzw. in die Ostsee (s. a. Abb. 4) eingerichtet. Die wichtigsten Exportländer sind Ekuador, Costa Rica, Philippinen, Kolumbien, Guatemala und Honduras. Davon wurden 2011 wurden weltweit fast 13 Mio. t Zitrusfrüchte (Orangen, Grapefruit, Mandarinen, Limonen) weltweit exportiert, davon 5,5 Mio. t über See. Äpfel, Birnen und Weintrauben werden als Saisonfrüchte bezeichnet, 2011 wurden weltweit 14 Mio. t gehandelt. Der seewärtige Transport betrug fast 8 Mio. t. Der Begriff „exotische Früchte“ umfasst Ananas, Kiwi und Avocado, es wurden 2011 rund 4 Mio. t. grenzüberschreitend gehandelt, 3,3 Mio. t wurden mit Schiffen transportiert.

 

 

2.3 Andere Kühlgüter

Die Gruppe der „anderen Kühlgüter“ beinhaltet Steinfrüchte, Beeren und Melonen, die erst seit kurzer Zeit mit der MA- bzw. CA-Technologie [2, 6] transportiert werden. Außerdem gehören frisches Gemüse und verarbeitete Güter wie tief gefrorenes Gemüse, Kartoffelprodukte und Fertiggerichte dazu. Rund 60 Mio. t wurden weltweit exportiert, 18 Mio. t wurden davon über See transportiert.

 

Container
Typ

2008

2009

2010

2011

2012

20 Fuß

7.000

3.000

5.000

10.000

5.000

40 Fuß

0

5.500

12.000

9.000

0

40 Fuß
Highcube

216.000

93.000

178.000

284.000

129.000

Andere

2.000

1.000

2.000

2.000

1.000

Total

225.000

102.500

197.000

305.000

135.000

Anzahl
Container

116.000

53.000

101.000

157.000

70.000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tabelle 1: Globale Kühlcontainerproduktion in TEU und in Stückzahl von 2008 bis Juli 2012

 

 

3. Containerschiffe

Alle neu gebauten und fast alle fahrenden Containerschiffe verfügen über Stellplätze und Steckdosen für Integral-Kühlcontainer. Porthole-Kühlcontainer ohne eigenes Kälteaggregat sind inzwischen von den Schiffen verschwunden. Anfang 2012 bestand die Containerschiffsflotte aus rund 5.000 Schiffen mit einer Tragfähigkeit von fast 200 Mio. tdw und 15 Millionen TEU Stellplätzen. Rund 2,5 Mio. TEU (17 %) sind Kühlcontainerstellplätze. Im Orderbuch für Containerschiffe standen 2011 rund 520 Schiffe (2010 rund 670 Schiffe). Abgebrochen wurden 2011 insgesamt 57 Containerschiffe mit 170.000 TEU Stellplätzen.

Da Kühlcontainer vorwiegend als 40 Fuß Container gebaut werden (Tabelle 1), ergeben sich damit auf allen Containerschiffe Stellplätze für rund 1,3 Mio. 40-Fuß Kühlcontainer (R-FEU), umgerechnet rund 2,5 Mrd. cbft. Der prozentuale Anteil ist im Laufe der Zeit ständig gestiegen und hat sich von 1980 bis 2012 mehr als verdoppelt (s. a. Tabelle 2). In der Regel befinden sich die Kühlcontainerstellplätze in zwei Lagen an Deck, da hier die Kontrolle und Wartung der Kühlcontainer-Aggregate auch auf See problemlos ist. Reicht dieser Platz nicht aus, werden auch unter Deck Kühlcontainersteckdosen vorgesehen. In den Laderäumen unter Deck ist dann jedoch dafür zu sorgen, dass die Wärmeabfuhr gewährleistet ist. Dazu werden in der Regel Be- und Entlüftungssysteme installiert, seltener Kühlwassersysteme [7]. In Abb. 5 sind im leeren Laderaum die Zuluftkanäle mit verstellbaren Abzweigen für die einzelnen Kühlcontainerstellplätze zu erkennen.

 

Zeitraum
der
Schiffs-ablieferung

Anteil
Kühlcontainer-
stellplätze
 in %

 vor 1980

8,3

1980-1984

8,8

1985-1989

7

1990-1995

8,5

1996-1999

9,8

2000-2004

19,4

2005-2009

18,8

ab 2010

17,6

Tabelle 2: Containerschiffe, zeitliche Entwicklung der Stellplätze für Kühlcontainer in %

 

 

 

 

4. Integral-Kühlcontainer

Seit dem Jahr 2000 werden in der Seeschifffahrt fast ausschließlich Integralcontainer (Abb. 6) eingesetzt, die im Gegensatz zu den Porthole-Kühlcontainern über ein eigenes Kühlaggregat verfügen.

 

4.1 Langjähriges Wachstum

Lag das langjährige mittlere Wachstum im Bestand der Kühlcontainer im Mittel um 8 %, 2007 und 2008 um 10 %, so gab es 2009 ein Stagnation bei 2 %. Im Jahr 2010 wuchs die Anzahl der Kühlcontainer um 6 % und 2011 um 13 % auf insgesamt 2,05 Mio. R-TEU (Tabelle 3). Etwa 70.000 R-TEU davon waren Ersatzbeschaffung für ausgemusterte Kühlcontainer. In den letzten 5 Jahren ergab sich damit ein Zuwachs der  Kühlcontainerflotte um rund 50 % auf insgesamt 2,1 Mio. R-TEU (Mitte 2012). Trotz dieser bisher größten Nachfrage in 2011 blieben die Preise nahezu stabil und lagen um 9.000 bis 10.000 $/TEU.

 

 

Jahr

2008

2009

2010

2011

2012

abgewrackt
 in 1000 TEU

75

73

82

70

90

Neue Container
in 1000 TEU

225

103

197

305

300

in die Flotte
in 1000 TEU

150

30

115

235

210

 Kühlcontainer-
flotte  in 1000 TEU

1.670

1.700

1.815

2.050

2.260

Zuwachs der Kühl-
containerflotte in %

9,8

1,80

6,76

12,95

10,24

 

Tabelle 3: Veränderungen im Kühlcontainerbestand (2012 geschätzt)

 

Die Tabellen 1 und 3 zeigen die Produktion von 2008 bis 2012. Drei große Hersteller (Tabelle 4) beherrschen den Markt der Kühlcontainer, die inzwischen fast nur noch in China gefertigt werden. In 2011 war die weltweite Fertigungskapazität von 320.000 R-TEU nahezu ausgelastet und derzeit entstehen zusätzliche Fabriken. Die im Juni 1980 gegründete „Shanghai CIMC Reefer Container Company“ ist mit 55 bis 60 % Marktanteil das führende Unternehmen bei der Fertigung der Kühlcontainer. Die Mehrheit der Kühlcontainer für „Maersk Line“, der Reederei mit den meisten Kühlcontainern, werden von „Maersk Container Industry“ (MCI) in Qingdao, China gefertigt. 1990 in Tinglev (DK) gegründet, wurde 1999 eine Fabrik für Trockencontainer in China gebaut. Ab 2008 wurden hier auch Kühlcontainer gefertigt und mit mehreren Innovationen (Star Cool, Star Fresh, Star Care) wurde der Stromverbrauch optimiert und die Eignung für den Frucht- und besonders den Bananentransport erheblich verbessert (Abb. 7 - 8). Derzeit entsteht in Chile (San Antonio) eine neue Fabrik für Maersk, da auch MCI an der Kapazitätsgrenze arbeitet. An dritter Stelle der globalen Fertigung steht der chinesische Hersteller Shanghai Reeferco Container Company (SRCC), der an mehreren Orten in China Container fertigt.

 

4.2 Kühlaggregate und Technologien für den Fruchttransport

Die Kühlaggregate für die Kühlcontainer werden von Carrier Transicold (50-60%), Thermoking, Maersk Container Industry und Daikin hergestellt. 2011 verließen rund 160.000 Aggregate die Fabrikhallen (ca. 90.000 von Carrier), das entspricht etwa der gesamten Fertigung von 2010 und dem Rezessionsjahr 2009. Integral-Kühlcontainer halten etwa 10 bis 15 Jahre, sie werden danach abgewrackt und durch neue ersetzt. In den letzten vier Jahren lag die Zahl der abgewrackten Kühlcontainer zwischen 70.000 bis 80.000 TEU mit steigender Tendenz (Tabelle 3).

Obst und Gemüse als „lebende Kühlgüter“ veratmen in ihrem Reifeprozess nach der Ernte Sauerstoff und geben Kohlendioxyd, Ethylen und andere Atmungsprodukte ab. Mit einem verringerten Sauerstoffgehalt und je nach Fruchtart angepassten erhöhtem Kohlendioxydgehalt kann die Reifung verlangsamt und die Haltbarkeit verlängert werden. Dazu ist neben einer erhöhten Dichtigkeit der Container eine Kontrolle und Modifizierung der Atmosphäre im Kühlcontainer (MA, CA) notwendig [2, 6]. Diese Technologien werden unter den Namen AFAM+ (Abb. 6), eAutofresh, Transfresh, Maxtend, Purfresh, Starcool und Starcare (Abb. 7, 8), von verschiedenen Herstellern angeboten.

Hersteller

Kapazität

2008

2009

2010

2011

2012

CIMC

190

135

62,5

105

179,5

80

MCI

85

64

27,5

63

81,5

35

SRCC

45

26

13

29

44

20

Gesamt

320

225

103

197

305

135

 

Tabelle 4: Kapazitäts- und Ablieferungsdaten von Kühlcontainern von 2008 bis Juli 2012 der drei großen Hersteller

4.3 Kältemittel der Pionierzeit kommen zurück

Als Kältemittel für Kühlcontainer haben sich heute R134a und R404a durchgesetzt, die jedoch als Übergangskältemittel gelten. Carrier hat 2011 als Innovation einen Kühlcontainer mit dem Kältemittel Kohlendioxid (CO2) vorgestellt (Abb. 9).  Dabei sollte jedoch daran erinnert werden, dass Ammoniak (NH3) und  CO2 bereits in der Pionierphase der Kühlschifffahrt vor über 100 Jahren Anwendung fanden  [1, 4, 5]. Mit Methylchlorid verunreinigtes Kältemittel R134a sorgt bei den Reedereien und Servicebetrieben seit 2011 für Unruhe, da es dadurch bereits mehrfach zu Explosionen kam und Tote zu beklagen waren.


 5. Extrem wenig neue Kühlschiffe
Kühlschiffe sind per Definition Schiffe, deren Laderäume isoliert sind und gekühlt werden können. Anfang 2012 verzeichnete die Statistik 985 Kühlschiffe (> 300 BRZ) mit einer Tragfähigkeit von 5,6 Mio. tdw und 350 Mio. cbft Kühlraum unter Deck. Betrachtet man die Eigner der Kühlschiffe, können rund 100 Kühlschiffe Norwegen, 67 Griechenland, 79 Russland ,78 Japan, 58 den Niederlanden und 27 Deutschland zugeordnet werden.
Die letzten Jahre waren dadurch gekennzeichnet, dass aufgrund des hohen Alters viele Kühlschiffe abgebrochen wurden. Von Anfang 2011 bis Mitte 2012 wurden rund 90 Kühlschiffe (> 100.000 cbft) zu spezifischen Schrottpreisen von 400-500 $/ldt abgewrackt. Niedrige Charterraten und extrem hohe Treibstoffpreise um 600 $/t (2000 um 100 $/t) bewirken, dass extrem wenig neue Kühlschiffe bestellt und abgeliefert wurden. In den vergangenen fünf Jahren wurden nur 20 neue Kühlschiffe abgeliefert und 2012 stehen nur vier Kühlschiffe im Orderbuch. Der Transport in Kühlschiffen mutiert daher immer mehr zur Spezialschifffahrt, die nur von wenigen Pools und Reedereien angeboten wird. Das hohe Durchschnittsalter, und extrem hohe Schrottpreise sorgen auch weiterhin für wachsende Kundschaft bei den Abbruchunternehmen in Indien, Bangladesch und Pakistan.

6. Zusammenfassung

2011 wurden von Containerschiffen mit 2,5 Mio. TEU Stellplätzen für Kühlcontainer, das entspricht rund 2,5 Mrd. cbft Kühlraum, weltweit rund 60 Mio. t  Kühlladung transportiert. Die Gesamtzahl aller Kühlcontainer beträgt Ende 2012 rund 2,2 Mio. TEU. In den 985 Kühlschiffen mit rund 350 Mio. cbft Kühlraum unter Deck wurden im gleichen Jahr 30 Mio. t Kühlladung transportiert. Da kaum Kühlschiffsneubauten geordert und abgeliefert werden, wird der Anteil sinken. Dagegen verfügen alle neu abgelieferten Containerschiffe über Stellplätze für Kühlcontainer an Deck. Die in den Nord-Süd Diensten fahrenden Containerschiffe können Kühlcontainer auch im Laderaum unter Deck befördern.

 

7. Literatur

[1] Hochhaus, K.-H.: Kälteanwendung auf Schiffen, (S. 977-1030) im Lehrbuch der Kältetechnik, Band 2, C. F. Müller, Heidelberg, 1997

[2] Hochhaus, K.-H.; Idler, L.; Wild, Y.: Kühlcontainer und Kontrollierte Atmosphäre im Schiffstransport, Handbuch der Werften, Band XXI, Hansa Verlag, Hamburg 1992

[3] Glandien, H; Hochhaus, K.-H.: Cool, Reefer Technik mit Zukunft, ISBN: 978-3-87743-818-3, Hamburg 2007 Seehafen Verlag

[4] Hochhaus, K.-H. 200 Jahre internationale Bananenschifffahrt, Schiffsbetriebstechnik Flensburg Heft Nr. 1/ 2011

[5] Hochhaus, K.-H.: Deutsche Kühlschiffahrt, ISBN 978-3-931785-11-6, 1996 Verlag H. M. Hausschild Bremen

[6] Hochhaus, K.-H.: MA/CA Technik im Transport, Fruit World International, Heft Nr. 3/2005

[7] Jacobsen, O.: Steuerung und Regelung für eine energieeffiziente Laderaumbelüftung auf Kühlcontainerschiffen, 2012 Dissertation TUHH; Verlag Dr. Hut München