Kapitel 5 

Nachkriegsordenskapitel (1918 - 1927)

 

 

 

 

 

 

Einstimmung auf die jährliche Lattenspritze

Was sonst noch so in diesem Jahr 1918 geschah

Weltgeschichte

US-Präsident Woodrow Wilson verkündet sein "14-Punkte"-Friedensprogramm Bürgerkrieg in Finnland.

Zwischen der sich von Rußland abspaltenden Ukraine und den Mittelmächten wird am 9.2. der erste Frieden im  1.Weltkrieg geschlossen.

Friedenschluß mit Rußland am 3. 3. in Brest-Litowsk.

Das Osmanische Reich bricht mit dem Waffenstillstand von Mudros zusammen.

In den Kämpfen des Ersten Weltkrieges werden über 8 Mio. Menschen getötet

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Deutsche Geschichte

Demonstrations- und Streikwelle vom 13. - 28. 1.  in Deutschland.
Deutschland erklärt am 20.10. die Beendigung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges.

Am 9. 11. dankt Kaiser Wilhelm II. ab.

Philipp Scheidemann ruft die Republik aus.
Am 11. 11.1918 wird der Waffenstillstand unterzeichnet.

 

Technikgeschichte

Englische EAGLE ist das erste ausschließlich als Flugzeugträger entwickelte Schiff.

Walter Schottky erfindet die nach ihm benannte Empfängerröhre.

Bei Krupp baut man eine Kanone, die 130 km weit schießen kann.

Sonarsystem in England entwickelt.
Station Nauen in Brandenburg erstellt erstmals eine Funkverbindung rund um die Erde.
Die ersten brauchbaren elektrischen Uhren werden gebaut.
Nobelpreise gehen an Max Planck (Physik) und Fritz Haber (Chemie).

Seitenansicht der VATERLAND und BISMARCK der Hamburg-Amerika-Linie (Quelle Rittler, B+V)

5. 1 Rückkehr in die Zeichensäle, das 1. Nachkriegsordenskapitel hieß Schwarzkopf, Müncheberg und Göedeken

 Der folgende Text wurde wörtlich aus [1] übernommen

 Der Krieg ging zu Ende. Die Mehrzahl der heimkehrenden Lattenbrüder nahm das Studium des Schiffbaus wieder auf, und es fanden sich sogar recht viele, die es, freilich Jahre später als ursprünglich geplant, neu begannen. In den älteren Semestern lebte bei der Rückkehr in die Zeichensäle die Erinnerung an die Latte wieder auf. Sie folgten bereitwillig der Aufforderung des Komturs Flamm, die alten Einrichtungen wiederherzustellen. Am 4. Dezember 1918, nur 4 Wochen nach den schwärzesten Tagen der neueren deutschen Geschichte, fand die erste Lattenversammlung nach dem Kriege statt. Sie war nur ein Auftakt, brachte noch keine Beschlüsse. Aber ein Schiffbauer-Weihnachtskommers wurde noch im Jahre 1918 gefeiert, und die Ritterversammlung vom 4. Februar 1919 wählte bereits das erste Nachkriegsordenskapitel, Schwarzkopf, Müncheberg und Goedeken.
 

 5.1.1 Unruhen und Prüfungserleichterungen für die Kriegsteilnehmer

 In den Tagen der überall aufflackernden Unruhen und der inneren Kämpfe, in denen das Deutsche Reich auseinander zu fallen drohte, folgte nun Versammlung auf Versammlung. Wir lesen in den Berichten die Daten 8., 10. Februar, 1. März, 2. April und viele mehr. Die Berichte lassen einwandfrei erkennen, daß die Lattenbrüder die Alten geblieben waren, der Zeitgeist hatte sie nicht umzuwandeln vermocht. Sie standen treu auf ihrem Posten, besonders bei der Erörterung über die Fragen, die mit dem Zusammenschluß der Studierenden zur „Studentenschaft“ zusammenhingen. Zugleich wurde planmäßig an der Wiederbelegung der früheren Einrichtungen und Bräuche gearbeitet. Wohl traten Störungen ein; als die eben Heimgekehrten in den Zeitfreiwilligen-Verbänden wieder zu den Waffen greifen mussten, um die Ordnung im Lande sichern zu helfen; die Frage der Hochschulreform erregte die Gemüter lebhaft, und anderes mehr. Von den zahlreichen, damals aufgeworfenen Fragen sind nur wenige endgültig beantwortet worden. Das Wichtigste waren die Prüfungserleichterungen für die Kriegsteilnehmer, die durch den Krieg mehrere Jahre verloren hatten und nun schnell in die Praxis hinaus wollten.

 

200 Lattenmitglieder bei 240 Studenten der Schiffstechnik (1921)

Neben diesem, das ja mehr den Einzelnen betraf, stand als überpersönliche Angelegenheit die Verfassung der Studentenschaft im Brennpunkt des Interesses. Politische Zeitfragen sind in den Aufzeichnungen nicht erwähnt. Trotz aller Unruhe hatte die Latte Ende 1921 mit rund 200 Mitgliedern bei etwa 240 Studierenden der Abteilung für Schiff- und Schiffsmaschinenbau schon ganz wieder das Aussehen wie vor dem Großen Kriege. Das Ordensfest war gefeiert, man war im Sommer genau wie ehedem bei der Lattenspritze hinausgefahren und hatte die alten Scherze wiederholt, das Wurstschnappen der Professoren und der Assistenten, das Tauziehen, den Dreibein- und den Vierbeinlauf usw. Ebenso waren in den großen Ferien die Markgrafschaften wenigstens in den bedeutendsten Küstenstädten wieder aufgemacht, kurz, die Latte war wieder erstanden, wie sie vor dem Kriege gewesen war, und nach menschlichem Ermessen war ihre ruhige Entwicklung zu erwarten.

 

 5.1.2 Gerhard Richter stirbt im Einsatz der Technischen Nothilfe (1922)

 Da trat im Februar 1922 durch den Eisenbahnerstreik eine jähe Unterbrechung ein. Der größere Teil der Lattenbrüder stand in den Reihen der Technischen Nothilfe, getreu dem alten Gelübde der Feldsoldaten. Da musste unser Gerhard Richter am 8. Februar 1922, seinem Geburtstage, bei einem Eisenbahnzusammenstoße auf der Berliner Vorortbahn mit zwei anderen Studierenden unserer Hochschule sein hoffnungsvolles Leben lassen; ein weiterer Lattenbruder, Walter Herrmann, wurde sehr schwer verletzt, konnte aber durch die Kunst des Arztes am Leben erhalten werden. Richter war einer der besten aus den Reihen der Latte, er war schon vor der Ablegung seiner Vorprüfung zum Ehrenritter ernannt worden. Auch die gesamte Hochschule trauerte um einen ihrer hervorragendsten Studierenden, war er doch durch mehr als eines Jahres Dauer einer der weit über den Bereich der Hochschule hinaus bekannt gewordenen Führer der Studentenschaft gewesen. Nach einer würdigen Totenfeier im Lichthofe der Hochschule begleitete eine unübersehbare Menschenmenge die drei Särge nach dem Friedhofe der Luisengemeinde in Westend. Dort ruhen sie am westlichen Rande in einem gemeinsamen Grabe. Ein Denkmal schmückt ihre Ruhestatt.

 

 5.1.2 Gerhard Richter stirbt im Einsatz der Technischen Nothilfe (1922)

 

Da trat im Februar 1922 durch den Eisenbahnerstreik eine jähe Unterbrechung ein. Der größere Teil der Lattenbrüder stand in den Reihen der Technischen Nothilfe, getreu dem alten Gelübde der Feldsoldaten. Da musste unser Gerhard Richter am 8. Februar 1922, seinem Geburtstage, bei einem Eisenbahnzusammenstoße auf der Berliner Vorortbahn mit zwei anderen Studierenden unserer Hochschule sein hoffnungsvolles Leben lassen; ein weiterer Lattenbruder, Walter Herrmann, wurde sehr schwer verletzt, konnte aber durch die Kunst des Arztes am Leben erhalten werden. Richter war einer der besten aus den Reihen der Latte, er war schon vor der Ablegung seiner Vorprüfung zum Ehrenritter ernannt worden. Auch die gesamte Hochschule trauerte um einen ihrer hervorragendsten Studierenden, war er doch durch mehr als eines Jahres Dauer einer der weit über den Bereich der Hochschule hinaus bekannt gewordenen Führer der Studentenschaft gewesen. Nach einer würdigen Totenfeier im Lichthofe der Hochschule begleitete eine unübersehbare Menschenmenge die drei Särge nach dem Friedhofe der Luisengemeinde in Westend. Dort ruhen sie am westlichen Rande in einem gemeinsamen Grabe. Ein Denkmal schmückt ihre Ruhestatt.

 

 

 

 

 

 

 

Grabstelle  und Denkmal für Lattebruder G. Richter  [1]

5.1.3 Blohm- NDL- und Gerhard Richter-Stiftungen helfen der Latte

 Zur Erinnerung an seinen Sohn stiftete der Vater Richters im Sommer 1922 der Latte eine größere Summe Geldes – 60.000 Mark – als „Gerhard Richter“-Stiftung. Die Zinsen des Kapitals sollten zur Unterstützung bedürftiger Lattenbrüder dienen. Um die gleiche Zeit entstand aus einer von Komtur Walter veranlassten Spende des Norddeutschen Lloyd die „Walter“-Stiftung, welche die gleichen Ziele verfolgte wie die Richter-Stiftung. Die fortschreitende Entwertung hat nicht viel von dem Gelde übrig gelassen, obgleich versucht wurde, es durch Anlage in Sachwerten zu erhalten. Immerhin reicht das, was blieb,aus, um den Grundstock zu einem neuen Vermögen zu bilden, und um gelegentlich als Darlehen augenblickliche Not lindern zu können, zumal Richters Vater nach der Stabilisierung noch wiederholt erhebliche Beträge an die Latte überwiesen hat. Für diese Großherzigkeit sind ihm alle Lattenbrüder zu dauerndem Danke verpflichtet.

 

Heute (1928) wird das Geld, etwa 2.000 RM, von einem Stiftungsausschusse verwaltet, in dem ein Professor und zwei Studierende tätig sind, und es wird nach wie vor für die Unterstützung bedürftiger Lattenbrüder verwendet. In diesem Zusammenhange mag erwähnt werden, daß außer diesen, der Latte selbst gehörenden und von ihr unter Aufsicht des Lehrkörpers verwalteten Stiftungen an der Hochschule noch eine weitere Stiftung für Schiffbauer besteht, die „Dr.-Ing. Hermann Blohm“-Stiftung. Sie stammt aus der Zeit vor dem Kriege, aber die Firma Blohm und Voß in Hamburg hat aus Anlass ihres 50-jährigen Bestehens die durch die Inflation vernichtete Stiftung mit 50.000 RM. erneuert.

 

5.1.4 Der Schiffbau verliert 1922 seine Selbstständigkeit

 Im Sommer 1922 rief die Umwandlung der bisherigen 7 Abteilungen der Hochschule in 4 Fakultäten große Unruhe in der Latte hervor, weil dadurch die bis dahin selbstständige Abteilung für Schiff- und Schiffsmaschinenbau in die Fakultät für Maschinen-Wirtschaft eingegliedert wurde.

 

Bis zur unmittelbaren Gegenwart bleibt wenig mehr zu berichten. Im Jahre 1925 wurden auf dem Ordensfest die Studierenden des Luftfahrzeugbaus in die Latte aufgenommen. Aus diesem Anlaß stiftete der Ehrenkomtur Hoff, an der Hochschule der erste ordentliche Professor für Luftfahrzeugbau, einen schönen Tischleuchter, der aus den Pleuelstangen eines Umlaufflugmotors gefertigt ist. Viele Schiffbauer arbeiten heute mit gutem Erfolge im Flugzeugbau, und so ist das Band mit diesem neu angeschlossenen Gliede trotz der Kürze seines Bestehens schon recht innig und stark geworden.

 

Das letzte Ereignis, von dem der Geschichtsschreiber zu berichten hat, ist im Jahre 1925 die Schaffung eines Lattenabzeichens, einer kleinern silbernen Nachbildung der Strakgewichte, das jeder Lattenbruder am linken Aufschlage seines Rockes sichtbar tragen soll. Diese winzige, nur dem Lattenbruder ins Auge fallende Nadel soll ein Zeichen sein, durch das die Schiffbauer sich in den Massenkollegs von 600 und mehr Studenten erkennen können. In demselben Jahr ist aus Beiträgen der aktiven Latte, die, wie früher so auch heute, seinen studentischen Wichs trägt und seine Farben zeigt, sowie aus Zuwendungen des Lehrkörpers eine Standarte beschafft, die ein Gedenkzeichen für die im Weltkriege gefallenen Lattenbrüder sein soll.

 

5.1.5. Geschwader-Kapelle und Latten-Liederbuch

Von den Einrichtungen der Latte ist noch die „Geschwader-Kapelle“ zu erwähnen, die, aus Lattenbrüdern gebildet, die Lattenfeste verschönt und belebt. Der beständige Wechsel der Personen verhinderte eine gleichmäßige Entwicklung. Aber immer wieder haben sich tüchtige „Kapellmeister“ gefunden, die es verstanden haben, die in der Latte vorhandenen, zerstreuten Kräfte zu einer festen Einheit zusammenzuschweißen. Hier wie auch sonst im Leben ist es in erster Linie den guten Führern zu verdanken, wenn etwas Gutes erreicht wird. So haben sich Ende der 80-ger Jahre Hans Gregor, jetzt Theaterdirektor in Brooklyn, Amerika, kurz vor dem Weltkriege der Österreicher Kemanater und jetzt Woermann rühmlich hervorgetan.

 

Das rege Leben in der Latte und die für die Ausbildung durchaus erwünschte Seefahrt begeisterte dichterisch veranlagte Lattenbrüder zu schönen Kneipliedern. Das Bedürfnis, auf der Lattenspritze, auf Studienreisen und auf gemeinsamen Wanderungen den Text der beliebtesten Lieder in der Tasche mitnehmen zu können, führte 1911 zum Latten-Liederbuche, das, zuletzt 1921 neu herausgegeben, jetzt vergriffen ist und demnächst in neuer Auflage erscheinen wird. Zu erwähnen ist weiter die Seminar-Bücherei, die 1913 von dem Ehrenkomtur Krainer ins Leben gerufen wurde.

 

Historische Entwicklungen der Schiffbau-Ausbildung und der Latte

1918 die erste Lattenversammlung seit 1914

1919 erstes Nachkriegsordenskapitel, Schwarzkopf, Müncheberg und Goedeke

1922 Gerhard Richter stirbt im Einsatz der Technischen Nothilfe

1922 Gerhard Richter-Stiftung, 60.000 Mark für die Latte

1922 Walter-Stiftung vom Norddeutschen Lloyd

1922 Hochschulreform, der Schiffbau verliert  seine Selbstständigkeit

1923 entsteht ein Lehrstuhl für Flugzeugbau

1927 Blohm & Voss Stiftung

 

 

 

 

 

 

 

 

Liederbuch der Latte

5.2 Die Verbindung des Luftfahrzeugbaus mit dem Schiff- und Schiffsmaschinenbau an der Technischen Hochschule zu Berlin

 von Professor Dr.-Ing. Hoff [1]

 Im Jahre 1923 ist dann ein Lehrstuhl für Flugzeugbau errichtet worden, ein Gebiet, das bis dahin nur von Dozenten und Privat-Dozenten vorgetragen wurde und von den Ordinarien für Mechanik und für Maschinenbau  mit in ihre Vorlesungen einbezogen war. Obgleich die beiden Dozenten v. Parseval und Everling der Abteilung für Maschinenbau angehörten, wurde der der mit Hoff besetzte Lehrstuhl auf Beschluß der Fakultät dem Schiffbau angegliedert, zu dem er fachlich außerordentlich innige Beziehungen hatte.

 

Maßgeblich für diese Verbindung waren die zahlreichen technischen Zusammenhänge, die zwischen dem Luftfahrzeugbau und dem Schiffbau bestehen. Schiff und Flugzeug, beides sind Fahrzeuge, und zwar solche, die sich in einer Flüssigkeit ihren Weg bahnen müssen. Die Vorgänge, die sich bei ihrer Bewegung durch das umgebende Wasser bzw. die Luft ergeben, werden von ein und derselben Wissenschaft geklärt. Wenn sich auch infolge ihrer unterschiedlichen Eigenschaften Hydrodynamik und Aerodynamik oft verschiedener Wege zur Klärung ihrer Aufgaben bedienen, so sind doch die Grundlagen, auf denen sie aufbauen, vollkommen dieselben. Die Formgebung der Schiffe und Flugzeuge ist das Werk dieser Wissenschaft, und manche Ähnlichkeit fällt beim eingehenden Betrachten der Dinge auf. Besonders deutlich tritt dies bei der Konstruktion der Unterseeboote hervor, die sich ja ebenso wie das Flugzeug in einer allseitig umschließenden Flüssigkeit fortbewegen müssen, während den Schiffbauer im allgemeinen nur die Vorgänge an der Wasseroberfläche interessieren. Ebenso wenig verleugnen Flugboote und Schwimmer den Einfluss des Schiffbaus.

 

5.2.1 Vortrieb von Schiffen und Flugzeugen

 Die Mittel, durch die der Vortrieb von Schiff und Flugzeugen hervorgerufen wird, sind bei beiden dieselben: Einmal die Schraube, beim Schiff Druckschraube, beim Flugzeug Zug- und Druckschraube; also bei beiden dasselbe Prinzip. Die Verschiedenheit ihrer Formen ist nur durch die der Medien, in denen sie Vortrieb erzeugen sollen, bedingt. Angetrieben werden die Schrauben durch Kraftmaschinen, im Flugzeug ausnahmslos durch Verbrennungsmotoren, und auch im Schiffbau verschaffen sich diese immer mehr Eingang. Allerdings unterscheiden sie sich nicht unwesentlich durch ihr Gewicht je Leistungseinheit, und bis jetzt sind auch noch ihre Betriebsstoffe verschieden. Ähnlichkeit ist vorhanden bei der Kraftübertragung vom Motor auf die Schraube. Bei kleineren Einheiten arbeitet die Maschine unmittelbar auf die Schraubenwelle, während bei großen Leistungen das Getriebe sich auch im Flugzeugbau Eingang verschafft.

 

In der Bauausführung von Flugbooten haben sich die Konstrukteure eng an die Erfahrungen des Schiffbaus angelehnt. Der Unterschied in den Konstruktionsgrundsätzen ist nur durch die Verschiedenartigkeit des verwendeten Materials bedingt. Spanten, tragende Außenhaut, Schotten und Doppelböden sind dem Flugbootbauer genauso selbstverständlich wie dem Schiffbauer. Bei all diesen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Schiffbau und Flugzeugbau macht sich nur ein Unterschied stark bemerkbar. Das ist der Unterschied in ihrer Entwicklung. Der Schiffbau sieht auf eine tausendjährige Geschichte zurück, in der sich durch praktische Erfahrungen langsam Formen herausgebildet haben, die heute noch auf allen Meeren zu finden sind. Erst seit dem Aufblühen der Technik gibt es eine sich immer mehr durchsetzende Schiffbauwissenschaft, die dann dem Schiffbau und mit ihm der Seefahrt zu der heutigen Bedeutung half.

 

5.2.2  Personalwechsel und Reform in der Schiffbaulehre [1]

  Hochschulreform 1922 führte zu einer Zusammenlegung der Abteilung IV (Schiffbau und Schiffsmaschinenbau) mit den Maschinenbauern zur Fakultät Maschinenwirtschaft.

 

Föttinger und Schütte werden berufen

 Föttinger sollte Gümbel nachfolgen, der bis 1923 Schiffsmaschinenbau lehrte. Die Berufung zog sich extrem lange hin und Ende 1924 erfolgte die Bestallung und die viel beachtete Antrittsvorlesung, die in [4] veröffentlicht wurde. Er erhielt neben vielen Ehrungen 1906 als erster die Silberne Medaille der Schiffbautechnischen Gesellschaft, die in [4] mit Urkunde abgebildet ist.

1924 wurde Schütte berufen, der 1899 für den Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven eine Schleppmodell-Versuchsstation errichtete und leitete. 1904 wurde er an der neu gegründeten Technischen Hochschule Danzig zum Professor ernannt. Dieses Amt übte er bis zur Berufung 1924 nach Berlin aus.

 

Flamm, Hüllmann und Laas verlassen die Hochschule 1927 [1]

 Der Umstand, dass 1927 alle drei Lehrer für Schiffbau, Flamm, Hüllmann und Laas, zu gleicher Zeit die Hochschule verließen, gab Veranlassung, den Unterricht den Verhältnissen entsprechend, neu zu verteilen. Ein Lehrstuhl soll umfassen: Statik des Schiff- und des Luftfahrzeugbaus. Dem zweiten wurde Dynamik des Schiffes, Einführung in den Schiffbau und Entwerfen von Schiffen (letzteres, sobald Schütte ausscheidet), zugewiesen, und dem Lehrstuhl für Kriegsschiffbau wurde der Unterricht im Werftbetrieb angegliedert.

 

Das steigend wachsende Bedürfnis, die Festigkeit der dünnwandigen Schiffskörper rechnerisch zu erfassen, hatte 1923 dazu geführt, Professor Dr.-Ing. Pohl, dem Oberingenieur beim Lehrstuhl für eiserne Brücken, einen Lehrauftrag auf Statik des Eisenbaus für Schiffbauer zu übertragen. Ein Unterricht, dem wegen der hohen Anforderungen an Mechanik und Mathematik nur wenige, besonders hierfür Begabte folgen konnten, der aber trotzdem außerordentlich segensreich für die Entwicklung des Schiffbaus war.

 

Das starke Anwachsen aller technischen Fächer, die an der Hochschule gelehrt werden, und das Herandrängen neuer  Fächer – es sei nur an die wirtschaftlichen Fächer und seit 1924 an das ganz neue, mit Föttinger besetzte, außerordentlich wichtige Gebiet der Strömungslehre hingewiesen – hat 1922 bei der Hochschulreform, dazu geführt, die Zahl und den Umfang der grundlegenden, von jedem Ingenieur zu verlangenden Fächer etwas zu kürzen und dafür ergänzende Spitzen-Vorträge für besonders dafür Begabte nach freier Wahl der Studierenden einzurichten.

 

 

 

 

Dieser Flugzeugmotor "Jumo 205" wurde von Junkers entwickelt und kann die Verwandtschaft mit dem Junkers-Schiffsdieselmotor nicht verleugnen (Technikmuseum Berlin, Foto Hochhaus)

 

Lehrer und Assistenten

Beim Lehrpersonal wird unterschieden zwischen dem Lehrober- und Unterkörper, wobei der Oberkörper von den Professoren und der Unterkörper von den Oberingenieuren und Assistenten gebildet werden. Betrachten wir zum Beispiel das Jahr 1925, hier liegen in [3] Zahlen der Technischen Hochschule (TH) vor. Auf 281 Hochschullehrer kommen 49 Assistenten und 24 Oberingenieure. Das technische und Verwaltungspersonal besetzte 240 Stellen, davon 80 Beamte, 23 Angestellte und 137 Arbeiter. Zu dieser Zeit studierten 4.277 Studenten, die rund 1 Million Reichsmark an Gebühren zahlten.

 

 Das Verhältnis der Betreuer zu den Betreuten liegt bei 12,08, d. h. auf 12,08 Studenten entfällt 1925 an der TH eine Person des Lehrpersonals. Die Zahl der Studenten Schiffbau- und Schiffsmaschinenbau betrug rund 215.

 

Die Assistenten unterstützten den Professor bei der Lehre und waren vorwiegend mit Übungen, Klausuren und Studien- und Diplomarbeiten beschäftigt. Einen großen Anteil der Arbeit konzentrierte sich bei den Schiff- und Schiffsmaschinenbauern bei der Betreuung der  vielen Zeichnungen, die von den Studenten angefertigt werden mussten.  

 5.2.3     Nachkriegszeit und Inflation 1918 – 1927 [2, 3]

K.-H. Hochhaus

Solange der Glaube an den Sieg vorherrschte, wurde die Wichtigkeit, häufig sogar die den Krieg entscheidende Bedeutung der Technik hervorgehoben. Man sollte dabei bedenken, daß die Technische Hochschule Berlin nicht nur in der Schiffstechnik eine führende Stellung innehatte. Die führende Stellung Berlins galt seinerzeit für das gesamte deutsche technische Hochschulwesen und galt auch für die Jahre nach 1918. Es liegen für das Wintersemester 1927/28 Vergleichszahlen vor. Danach waren an der TH 5.205 Studenten eingeschrieben, das waren rund 60 % aller Studenten an Technischen Hochschulen in Preußen und knapp 25 % im Deutschen Reich. Nach Berlin folgten München mit 4.101 und Dresden mit 2.959 Studenten.

 

Der durch den Krieg entstandene Stau an Studenten  bewirkte von 1917 bis 1923 eine Verdoppelung der Studentenzahlen  und stellte die Hochschule vor riesige Probleme. Die 1924 erlassenen preußischen Personalabbaugesetze sahen sogar einen Abbau der Hochschullehrer von 25 % vor, dieses Gesetz wurde jedoch aufgrund der Realitäten schon 1925 wieder ungültig. Es kam das Gegenteil, die unbedingt notwendige Ausbauphase mit neuen Gebäuden, Instituten und Lehrstühlen.

 

Seit 1919 wurde über die Notwendigkeit einer Studienreform diskutiert, um die Überlastung der Studenten besonders mit Pflichtstunden abzubauen. Dies besonders vor dem Hintergrund einer stärkeren Selbstständigkeit der Studiengestaltung durch die Studenten aufgrund der stark zunehmenden Spezialisierung. Die vorherrschenden Vorlesungen, der Mangel an Seminaren und seminaristischen Veranstaltungen führte zu schlechten Prüfungsergebnissen und Klagen aus der Industrie und Behörden. Beklagt wurden auch die zu geringe Praxisorientierung und fehlenden Kenntnisse der wirtschaftlichen und technischen Zusammenhänge. Die Industrie und Verwaltung erwartete von den neu eingestellten Hochschulabsolventen Führungsqualitäten und neben dem Fachwissen auch Allgemeinwissen.

 

Fakultätsverfassung  und Öffnung der TH für Fachschüler  (1922) [1, 3]

Eines der Ergebnisse der Reform war die Fakultätsverfassung von 1922, durch die sieben Abteilungen auf vier Fakultäten (Allgemeine Wissenschaften, Bauwesen, Maschinenwirtschaft und Stoffwirtschaft) reduziert wurden. 1922 wurde außerdem die Genehmigung vom Kultusministerium erteilt, besonders begabte Absolventen von staatlich anerkannten Fachschulen zum Studium an der Technischen Hochschule zuzulassen. Dies war ein bedeutsamer Schritt, bisher hatte man die Zulassungsbedingungen eher verschärft, um die Gleichstellung mit den Universitäten zu erreichen.

 

5.2.4 Radikalisierung der Studentenschaft (1927)

 Das wirtschaftliche und politische Umfeld der 20-ger Jahre bewirkte auch an der Technischen Hochschule eine Radikalisierung der Studentenschaft [3]. Die Wende wurde durch den Verzicht aller preußischen Hochschulen und Universitäten auf die Selbstverwaltungsrechte eingeleitet, die in der verfassten Studentenschaft von 1920 festgeschrieben wurden. Danach konnte der Nationalsozialistische Studentenbund (NSDStB) erste Erfolge bei den Wahlen der Studentenschaften erreichen und im Wintersemester 1930/31 erzielten sie an der TH ein Wahlergebnis von rund 62 %. Die spätere politische Gleichschaltung und Strukturänderung verbunden mit der Entlassung und Vertreibung jüdischer und politisch unerwünschter Wissenschaftler gestaltete sich daher auch ohne großen Widerstand. Das Führerprinzip setzte sich durch und Rektoren und Dekane wurden seit 1934 nicht mehr gewählt, sondern ernannt. Senats- und Fakultätsversammlungen hatten nur noch beratende Funktionen. Die neu eingeführte „Dozentenschaft“ und „Studentenschaft“ entstanden als neue Gliederungen der Hochschule auf dem Weg zur Gleichschaltung.

Seit 1931 (5.897) sanken die Studentenzahlen und erreichten 1937/38 (2.421/2.183) ihren Tiefststand. Obwohl anfangs gewollt sah man bald die Nachteile, denn die Bestrebungen zur Autarkie und der starke Ausbau der Rüstung stockte aufgrund sinkender Ingenieurabsolventen. Trotz Zwischensemsestern, Einführung von Trimestern und Absenkung der Eingangsvoraussetzungen waren kurzfristig kaum Erfolge zu erzielen. Fehler in der Hochschulausbildung aber auch in der Lehrlingsausbildung wirken sich erst nach drei bis fünf Jahren aus und es dauert ebenso lange, bis Änderungen greifen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Assistenten galten als der „Lehrunterkörper“ (Quelle Latte)

 

 

Entwicklung der Studentenzahlen an der ehemaligen Technischen Hochschuje Charlottenburg, der heutigen Technischen Universität Berlin (Daten [3] Graphik Hochhaus).

 

5.3 Lehrer ab 1918 bis 1927 [1, 2, 6]

1924-45        Föttinger, H. (1910 o. Prof. in Danzig, 1906 1. Träger der silbernen Denkmünze der STG, 1942 goldene Denkmünze der STG, Ehrenbürger der TH-Danzig ) Strömungsphysik und Turbomaschinen

1924-37        Schütte, J. (o. Prof., Dr.-Ing. e. h., Geh. Reg.-Rat, 1906, o. Prof. in Danzig, 1931-39 Vorsitz der STG, 1939 goldene Denkmünze der STG) Einzelvorträge aus den Gebieten des Luftfahrtbaus, Schiffselemente und Entwerfen von Schiffen

1927-45        Ehrenberg, A. (o. Prof., Ober-Marinebaurat) Kriegsschiffbau und Werftbetrieb

1927-53        Sass, F. (Dr.-Ing. ,1935-52 Vorstand des Germanischen Lloyds, Ehrensenator der  TH Berlin, goldene Ehrennadel der STG, Herausgeber des „Dubbel“) Konstruktion von Dieselmotoren

 

Hermann Föttinger (1877 - 1945) Strömungslehre [4] Föttinger wurde am 9. Februar 1877 in Nürnberg geboren. Nach bestandenem Abitur schrieb er sich 1895 für das Studium der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule München ein, war jedoch auch an maschinenbaulichen Themen stark interessiert. Nach Abschluß des Studiums 1899 fand er seine erste Anstellung bei dem Stettiner Vulcan, wo er an Schiffsantrieben (Dampfmaschine und Dampfturbine) und deren Problemen arbeitete. Stettin gehörte damals zu Preußen. Für das Torsionsdynamometer zur Drehmoment - und Schwingungsmessung erhielt Föttinger das erste von über einhundert Patenten seines Lebens, und es war Gegenstand seiner Dissertation, mit der er 1904 in München promovierte.

1909/10 wurde er als Ordinarius für Schiffsmaschinenbau an die TH Danzig berufen und gründete 1914 das Institut für Hydrodynamik. Danzig war zunächst preußisch, später nach dem Versailler Vertrag Freie Stadt. 1924 wurde Föttinger an die TH Berlin auf den Lehrstuhl für Allgemeine Strömungslehre und Turbomaschinen berufen, den ersten Lehrstuhl in Deutschland, der die Bezeichnung Strömungslehre trug. Er machte sich engagiert an den Aufbau eines neuen Instituts und sammelte eine Schar begabter Mitarbeiter um sich, die er zu Forschungen auf verschiedenen Gebieten der Strömungslehre anregte.

Föttinger beschäftigte sich beim Stettiner Vulcan erfolgreich mit dem Turbinenproblem, denn Dampfturbinen liefern erst bei hohen Umdrehungszahlen optimale Leistung. Man brauchte deshalb ein Getriebe, das die hohen Drehzahlen auf die für den Propeller erforderliche niedrige Drehzahl herabsetzte. Mechanische Zahnradgetriebe konnte man jedoch für die hohen Leistungen von Schiffsantrieben noch nicht bauen. Föttingers Idee eines hydrodynamischen Wandlers durch  die Kopplung einer Pumpe und einer Turbine in einem Gehäuse wurde 1907 realisiert. Damit erzielte er Untersetzungen bis 1 : 5 und akzeptable Wirkungsgrade bis 95 %. Dieser als Föttinger Transformator oder Vulcan-Getriebe bezeichnete Wandler wurde für diese Anwendung später durch Zahnradgetriebe ersetzt, hat aber als Vulcankupplung in vielen Bereichen seine Bedeutung bis heute beibehalten.

Schon bei Vulcan hatte er mit Untersuchungen zur Kavitation begonnen, die erhebliche Zerstörungen an Schiffspropellern verursachen kann. In Danzig wies er nun nach, dass diese Zerstörungen durch die mechanischen Kräfte bei der Implosion der Dampfblasen verursacht werden, die durch die Kavitation entstehen. Grundlegende Forschungsbeiträge lieferte Föttinger auch auf den Gebieten der Propellertheorie, der Wechselwirkung zwischen Schiff und Propeller und der Simulation der Strömung um Schiffskörper. In Berlin entstanden Forschungsbeiträge zur Spülströmung in Motoren, der Rauchgasführung in Kesseln sowie über die Kohlenstaubturbine.

Föttinger erlebte zwei Weltkriege, Inflation und Weltwirtschaftskrise und verlor dabei sein gesamtes Vermögen. Er starb 68-jährig in den letzten Kriegstagen am 28. April 1945 in Berlin, nachdem er in der Nähe seines Wohnhauses von einem Bombensplitter getroffen worden war.

 

Johann Schütte  (1873-1940), Student und Professor an der TH Charlottenburg [4]

Johann Schütte, geb. am 26. 2. 1873  besuchte in Oldenburg die Oberrealschule, verließ diese 1892 mit dem Abitur und studierte anschließend in Kiel und an der Technischen Hochschule Charlottenburg bis 1898. Er bestand die Bauführerprüfung mit Auszeichnung, obwohl er bereits 1897 eine Anstellung beim NDL erhielt. 1899 hatte er nachgewiesen, daß der gerade abgelieferte Schnelldampfer KAISER FRIEDRICH  aufgrund seiner ungünstigen Hinterschiffsform die vertraglich vereinbarte Geschwindigkeit nicht erreichen konnte. Daher  beauftragte ihn der NDL mit dem Bau einer Schleppmodell-Versuchsstation in Bremerhaven. Diese Einrichtung wurde schon 1900 eröffnet und hatte die Aufgabe, die hydrodynamisch günstigsten Formen für die Hochseeschiffe des NDL zu ermitteln.

Die wissenschaftlichen Forschungen, die er als Leiter dieser damals einzigartigen Forschungseinrichtung für Seeschiffe im Deutschen Reich durchführen konnte, machten Johann Schütte schnell zur auch international anerkannten wissenschaftlichen Autorität in Fragen des Widerstandes und der Geschwindigkeit von Schiffen. Neben seiner Tätigkeit beim Lloyd war er an führender Stelle an der Konstruktion und am Bau der ersten deutschen Kabelleger beteiligt. Schütte war in dieser Zeit außerdem schiffbautechnischer Berater des Großherzogs von Oldenburg, Friedrich August. In dieser Eigenschaft baute er u. a. 1903 dessen Dampfyacht „Lensahn“ um. Daneben erfand er einen Pallografen zur Messung von Schiffsschwingungen und den so genannten Schütte-Kessel, ein spezieller Kessel für kleinere Schiffe und Boote, für den er auf der Weltausstellung in St. Louis im Jahr 1904 eine Goldmedaille verliehen bekam.

1904 wurde er vom Kaiser als Professor für die gerade gegründete Technische Hochschule Danzig vorgeschlagen, deren Ruf er annahm. 1908 begann er unter dem Eindruck des Zeppelinunglücks mit Karl Lanz ein neues Starr-Luftschiff zu entwickeln. 22 dieser Luftschiffe wurden in den Schütte-Lanzwerken gebaut, außerdem mehr als 1.000 Flugzeuge unterschiedlicher Bauart. 1917 wurde er von der Technischen Hochschule Charlottenburg zum Ehrendoktor ernannt und 1922 als Professor berufen.

 

Friedrich Sass (1883 - 1968) Maschinenbau [4]

Friedrich Sass besuchte das Gymnasium in Schleswig und studierte an den Technischen Hochschulen München und Berlin Maschinenbau bzw. Schiffsmaschinenbau. Die Diplomhauptprüfung ebenso wie 15 Jahre später seine Promotion schloß er "mit Auszeichnung" ab. 1908 in die AEG eingetreten, hatte Sass sich zunächst mit der Konstruktion der damals noch jungen Dampfturbine zu befassen.  Im ersten Weltkrieg arbeitete er nach kurzer Marinezeit wieder bei der AEG und leitete die Dieselmaschinenbauabteilung für U-Boote.  Unter seiner Führung wurde der große doppelt wirkende Zweitaktmotor mit kompressorloser Einspritzung entwickelt und betriebsreif gemacht. 1928 kamen die ersten Schiffe mit derartigen Motoren in Fahrt und bewährten sich.

 

Er arbeitet von 1935 -1952 als Vorstandsmitglied beim Germanischen Lloyd. In dieser Zeit wurden dieselelektrische und turboelektrische Anlagen sowie der Hochdruckheißdampf für die  Schiffstechnik entwickelt. Am 30. September 1952 schied Sass aus dem Germanischen Lloyd aus, der seinen Sitz von Berlin nach Hamburg verlegte. Sass widmete sich nun der Lehre in weitestem Sinne. Schon seit 1927 hatte er als außerordentlicher Professor Vorlesungen über kompressorlose Dieselmaschinen an der Technischen Hochschule Berlin gehalten. Von 1946 bis zum 31. März 1953 war er an der Technischen Universität Berlin Ordinarius für die Konstruktion von Dieselmotoren. Insgesamt 26 Jahre lang hat er vielen Generationen von Studierenden die Kenntnisse der konstruktiven Grundlagen des Dieselmotors vermittelt. Unter vielen anderen Auszeichnungen, die ihm zuteil wurden, sind vor allem die Verleihung der Würde eines Dr.-Ing. E. h. durch die Technische Hochschule Karlsruhe, die Verleihung der Goldenen Ehrennadel der Schiffbautechnischen Gesellschaft und die Ernennung zum Ehrensenator durch die Technische Universität Berlin zu nennen.

 

Albrecht Ehrenberg (1877 - 1964) Schiffbau [4] 

Ehrenberg wurde am 5. April 1877 geboren. Nach Abschluß seines Studiums über Kriegsschiffbau an der Technischen Hochschule Berlin Charlottenburg trat er in die Laufbahn des höheren Marinebaubeamten ein, legte nach dreijähriger Ausbildung auf der Kaiserlichen Werft in Kiel sein 2. Staatsexamen ab und wurde Marinebaumeister. Während des ersten Weltkrieges war Ehrenberg für Linienschiffe und Kreuzer in Kiel, später für Zerstörer in Wilhelmshaven zuständig und hat sich  für den U-Bootsneubau in Danzig eingesetzt. 1924 kam er nach Berlin, wo er den Entwurf für die im Versailler Vertrag zugestandenen Neubauten bearbeitete.

 

1927 wurde er als Professor an die TH Charlottenburg berufen. Seine Vorlesungen über die Konstruktion und Einrichtung der Über- und Unterwasser-Kriegsschiffe strahlten ebenso wie seine Vorträge über Werftanlagen eine umfassende Erfahrung im Kriegsschiffbau aus. So konnte er dem deutschen schiffbaulichen Nachwuchs reiche Erfahrungen vermitteln. Nach dem Zusammenbruch 1945 wurde Ehrenberg vom Magistrat Berlin als Rektor mit der Reorganisation der stark zerstörten Technischen Hochschule beauftragt.  1958 verlieh ihm die Technische Universität Berlin die akademische Würde des Ehrensenators. Am 14. Juni 1964 starb Albrecht Ehrenberg im Alter von 87 Jahren.  Seit 1962 trug er die Goldene Ehrennadel der Schiffbautechnischen Gesellschaft.

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5.4 Das Maritime Umfeld

5.4.1 Gründungsjahre von Reedereien 1918 - 1927 [5

1919 Atlantik-Rhederei F. & W. Joch, Hamburg

1919 Johs. Fritzen & Sohn, Emden

1920 Robert Bornhofen Reederei, Hamburg

1920 Seereederei "Frigga" Aktiengesellschaft, Hamburg

1921 Deutsche Fanto GmbH, Hamburg

1921 Egon Oldendorff , Lübeck

 1922 "Atlas" Reederei Aktiengesellschaft, Emden

 1922 Montan Transport Gesellschaft mbH., Hamburg

 1922 Oelwerke Julius Schindler G.m.b.H., Hamburg

 1922 Manfred Preukschat KG., Kiel

 1923 Emder Dampfercompagnie Aktiengesellschaft, Emden

 1923 Kauffahrtei Seereederei Adolf Wiards & Co., Hamburg

 1923 Ernst Komrowski Reederei, Hamburg

 1924 John T. Essberger, Hamburg-Altona

 1924 Lübeck Linie Aktiengesellschaft, Lübeck

 1925 Fisser & v. Doornum, Emden

 1925 Johann Haltermann, Hamburg

 1926 Hanseatische Reederei Emil Offen & Co., Hamburg

 1926 Arthur Sommer, Hamburg

 1927 Bernhard Howaldt, Hamburg

 

5.4.2 Gründungsjahre von Werften  1918-1927 [5]

 1918 Deutsche Werft Aktiengesellschaft, Hamburg

 1918 " Weserwerft" Schiffs- und Maschinenbau Gesellschaft mbH, Minden

 1919 Bodan-Werft Motoren- und Schiffbau GmbH, Kressbronn

 1919 Matthiessen & Paulsen, Arnis

 1919 Wolfgang Porath, Hamburg

 1920 Theodor Hitzler, Regensburg

 1920 Neptun - Werft Theodor Bartels, Bremen

 1920 Schiffswerft Rudolf Meier & Söhne, vorm. Gebr. R. & P. Meier, Hamburg

 1920 Heinrich Sunkel, Hamburg

 1920 Yacht- und Bootswerft Burmester, Bremen

 1920 Hermann Zehbe, Hamburg1922 Niederrheinische Schiffswerft und Maschinenfabrik, Abt. der Winschermann GmbH, Duisburg

 1921 Ruhrorter Schiffswerft und Maschinenfabrik  GmbH, Duisburg

 1921 Schottel - Werft, Joseph Becker KG, Oberspay am Rhein

 1922 H. Rancke, Hamburg

 1923 Bootswerft Empacher, vorm. L. Seibert, Eberbach a. N .

 1923 Evers Werft, Niendorf

 1923 Wilhelm Krooß, Wischhafen

 1924 Deggendorfer Werft und Eisenbau GmbH, Deggendorf

 1924 Max Sieghold, Bremerhaven

 1925 Triton-Werft GmbH, Duisburg

 1925 Wagner & Abicht, Hamburg

 1926 Julius Diedrich, Oldersum

 1926 Martin Jansen, Leer

 1927 Hans Boost, Trier

 1927 Ernst Menzer, Geesthacht

 1927 Stader Schiffswerft GmbH, Stade

 

5.4.2 Rudolf  Veith  (1846 - 1917), Einführung moderner Technologien, [4, 6]

 Rudolf  Veith wurde 1846 geboren und legte 1865 das Reife-Examen ab. Seine frühzeitige Neigung zur Technik bestimmte ihn zunächst, als Maschinenbau- und Hütten-Eleve zu arbeiten. Darauf ist er in die Gewerbeschule eingetreten. Das Kriegsjahr 1870/71 hat Veith infolge seiner Vorliebe für die Marine dazu benutzt, um seiner militärischen  Dienstpflicht bei dieser zu genügen. An ‚Bord S. M. S. „Friedrich Carl“ lernte er den Betrieb von Schiffsmaschinenanlagen aus eigener Anschauung kennen. Nach dem Kriege besuchte er von 1871 - 1874 die Königliche Gewerbeakademie zu Berlin und widmete sich besonders dem Studium des damals in Deutschland aufblühenden Schiffsmaschinenbaues, wobei er lebhafte Anregungen in einem Kreise von Fachgenossen fand.

 

Einführung der Wasserrohrkessel und Dampfturbinen

 Nach Ablegung der 1874 eingeführten Diplomprüfung arbeitete er als Ingenieur in einer Maschinenfabrik zum Bau von Schiffsmaschinen. Nach halbjähriger Tätigkeit ging Veith 1875 in den Dienst der Kaiserlichen Marine und begann hier als Ingenieur-Aspirant auf der Werft Wilhelmshaven. 1880 wurde er zur Kaiserlichen Werft Danzig versetzt, 1885 als Bauaufsicht nach Elbing zur Schichau-Werft und 1890 zur Kaiserlichen Werft Kiel kommandiert. 1895 wurde er ins Reichsmarineamt berufen und 1896 zum Marinebaurat und Betriebsdirektor ernannt. 1899 trat Veith die leitende Stelle für die technische Entwicklung der deutschen Torpedoboote an. Seine erste Tat war die Einführung der Wasserrohrkessel. Er entschied sich für die engrohrigen verbesserten Marine-Wasserrohrkessel. Hierdurch war es ihm gelungen, die Torpedoboote auf Leistungen zu bringen, die sie denen anderer Nationen überlegen machten.

 

Als mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts die Entwicklung der Dampfturbinen einsetzte, war Veith einer der ersten in Deutschland, der sofort ihre Überlegenheit gegenüber den Kolbenmaschinen für den Antrieb von Kriegsschiffen erkannte und sie zunächst für die deutschen Torpedoboote nutzbar machte. 1905 gelang es ihm, das erste deutscheTurbinenboot S 125 für die Marine bereit zu stellen und danach neue noch leistungsfähigere Turbinen-Torpedoboote in Bau zu geben.

 

 Förderer der U-Boote und Ölmaschinen

 In dieser Zeit entstanden unter seiner Leitung auch die ersten Entwürfe für deutsche Unterseeboote, er führte das Periskop ein und tauchte mit dem ersten U-Boot der Germania - Werft. 1906 wurde er als Vorstand der Abteilung für Maschinenbau des Konstruktions-Departements nach Berlin berufen und damit an die Spitze der gesamten Maschinenbautechnik der Marine gestellt. Hier begann er damit, seine Erfahrungen im Dampfturbinenbau auf die Linienschiffe und Kreuzer zu übertragen. Erst waren es die kleinen, dann die großen Kreuzer und schließlich die Linienschiffe, die sämtlich einheitlich mit Turbinen und engrohrigen Marine-Wasserrohrkesseln ausgerüstet wurden. Danach erfolgten die Einführung der reinen und später der Zusatz-Ölfeuerung, sowie des Rädergetriebes in den Turbinenanlagen und endlich der Ausbau und die konstruktive Entwicklung der Schiffsölmaschine. Seine unbeirrbare Zuversicht feuerte die in Betracht kommenden Motorenfirmen immer aufs Neue zur Durchführung von Versuchen an, deren Kühnheit selbst den Fachleuten zunächst Kopfschütteln verursachte. Trotz anfänglicher Fehlschläge ist ihm infolge seiner eisernen Energie und seines unerschütterlichen Vertrauens schließlich auch auf diesem Gebiete der Erfolg treu geblieben. Durch die Förderung des Baues schnell laufender, leichter Dieselmaschinen (damals als Ölmaschinen bezeichnet) als Antriebsmaschinen für Boote, Luftschiffe und für Dynamos hat er die deutsche Schiffbau- und Motorenindustrie in führende Positionen gebracht.

 

 „Veith-Stiftung“ für Studenten des Schiffbau und des Schiffsmaschinenbaues

 Als am 19. Februar 1899 im Hotel Kaiserhof in Berlin die Gründungsversammlung der STG stattfand, da war auch er unter dem sehr bescheidenen Häuflein von 26 Herren, welche die Gesellschaft aus der Taufe hoben. Die Technische Hochschule zu Darmstadt ernannte ihn 1910 zum Doktor-Ingenieur ehrenhalber und im gleichen Jahr machte ihn der Verein deutscher Ingenieure auf seiner Hauptversammlung in Danzig zu seinem Ehrenmitglied und verlieh ihm 1915 die Grashof-Denkmünze. Die STG verlieh ihm 1915 die goldene Denkmünze.

 In dankbarer Würdigung seiner Verdienste um den deutschen Schiffsmaschinenbau wurden ihm aus Anlass seines 70. Geburtstages von einzelnen Herren und von an der Schiffbauindustrie beteiligten Firmen größere Geldbeträge überwiesen. Er hat diese Beträge (insgesamt 300.000 Mark in 5 % Reichsanleihen) mit Genehmigung des Reichs-Marineamts zu einer „ Veith-Stiftung“ bestimmt, die er der STG zur Verwaltung mit der  Maßgabe übergeben hat, daß aus ihr bedürftige Studierende des Schiffbaus und des Schiffsmaschinenbaus jährliche Unterstützungen erhalten sollen. Diese Stiftung wurde 1917 eingerichtet, besteht heute als Veith-Berghoff-Stiftung und unterstützt Studenten der Schiffstechnik.

 

Otto Berghoff, 1873 geboren, studierte an der Technischen Hochschule Charlottenburg Schiffbau und war von 1900 -1905 und 1914 - 1918 bei der Marine. Er hat sich immer wieder als Erfinder betätigt und für das „Kaiserliche Reichspatent zur Verfolgung von U-Booten“ erhielt er von der Marine 50.000 Mark. Da er wirtschaftlich unabhängig war, spendete er das Geld der STG zur Förderung von Erfindungen und Forschungen auf dem Gebiet der Schiffstechnik. Die Berghoff-Stiftung wurde 1918 von der STG eingerichtet und später mit der Veith-Stiftung vereinigt.

 

 

 

 

                                                           Ölmotoren wurden seinerzeit die Dieselmotoren genannt

Kühlschiff mit Dieselmotor (Quelle F. Laeisz)