Abbildung 3: Entwicklung des E-Bedarfs auf Passagierschiffen um 1900 und 100 Jahre später, dargestellt über der Tonnage in GT (Quellen STG, [2], Grafik Dr. Hochhaus)

 

 

 

 

 

 

 

Elektrische Anlagen auf Fähr- und Kreuzfahrtschiffen

Dieser Beitrag von G. Ackermann und K.-H. Hochhaus erschien in der Hansa Nr. 3/2012

 

1. Einführung, Rückblick
Der Kabelleger „Faraday“ erhielt 1877 von Siemens Brothers (englische Siemenstochter) als erstes Schiff eine Generator-Anlage zum Betrieb von Bogenlampen [1]. 1880 wurde die „Columbia“ mit einer aus 144 Glühbirnen bestehenden elektrischen Beleuchtung ausgestattet, der Strom wurde mit Dampfmaschinen (Borsig) und Gleichstrom-Dynamos (Siemens) erzeugt [1]. Etwa 25 Jahre später hat der Strom auch den Dampf zum Antrieb der meisten Hilfsmaschinen abgelöst. Mit der Funktelegrafie wurde die Kommunikation auf See über große Entfernungen möglich. Sie entwickelte sich zum dritten wichtigen Feld der E-Technik auf Schiffen. Der bisher eingesetzte Gleichstrom wurde auf Neubauschiffen ab 1950 vom Drehstrom abgelöst [2].

1.1  Erste elektrische Antriebe
Werner von Siemens ließ 1886 in Harburg von der Schloßwerft das Boot „Elektra“ bauen, das, wie der Name schon erahnen lässt, einen elektrischen Antrieb besaß. Die E-Versorgung erfolgte durch umschaltbare Akkumulatoren mit 160, 80 und 40 Volt, die den Gleichstrommotor speisten. Die Akkumulatoren wurden an Land anschließend wieder aufgeladen. Wenn diese Technologien der Pionierzeit wie auch die Oberleitung für Schlepper (Abb. 1) vor über 125 Jahre primitiv erscheint, ist festzustellen, dass sie heute wieder aktuell werden. Um 1900 wurden über 100 Lastkähne mit einem E-Antrieb ausgestattet, um im Berliner Bauboom die Versorgung mit Ziegelsteinen zu sichern.

 

Die Automobilindustrie hat um 2010 begonnen, E-Autos mit aufladbaren Akkumulatoren zu bauen, die an Stationen oder zu Hause aufgeladen werden. Der Strom dafür kommt zunehmend aus regenerativen Quellen, um die CO2-Belastung zu senken.


Rückblickend ist festzustellen, dass es im Handelsschiffbau vier zeitlich unscharf abgegrenzte Phasen gab, in denen die Vorteile des elektrischen Antriebes höher bewertet wurden als seine Nachteile [3]. Derzeit befinden wir uns in der 4. Phase, denn die in der Schifffahrt und Schiffbau innovativen Länder Norwegen und Schweden betreiben inzwischen mehrere Fährschiffe mit batterielekrischem Antrieb.

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 1: Schlepper mit Oberleitung (Quelle STG)

 

 

 

 

 

 

1.2  Von der „Vandal“ zur „Oasis of the Seas“ (1903-2009)
Damit Schiffe mit Festpropeller vorwärts und rückwärts fahren konnten, musste der Dieselmotor umgesteuert werden. In der ersten Phase bis 1910 übernahmen elektrische Antriebe die Aufgabe der Rückwärtsfahrt, denn die Rückwärtsfahrt der Schiffe mit dem Dieselmotor war in der Pionierphase technisch noch nicht gelöst. Erste einfache dieselelektrische Anlagen wurden ab 1903 in Russland von den Gebrüder Nobel in den russischen Binnentankern „Vandal“ und „Ssarmat“ eingesetzt (Abb. 2).

 

 

 

 

 

 

Abbildung 2: 1903/04, dieselelektrischer Antrieb der „Vandal“  (oben) und der „Ssarmat“ (del Proposto) (Grafik Dr. Hochhaus)

 

 

 

 

Dampfturbinen erfordern zur Erzielung guter Wirkungsgrade hohe Drehzahlen, Propeller dagegen große Durchmesser und niedrige Drehzahlen. Diesen Widerspruch nannte man das „Turbinenproblem“, denn bordtaugliche Getriebe gab es noch nicht. In der zweiten Phase von 1920-1940 übernahmen daher der E-Generator und der E-Motor, aber auch der von Hermann Föttinger 1909 vorgestellte hydrodynamische Föttinger-Transformator die Aufgabe des Getriebes, bis leistungsfähige und langlebige Zahnradgetriebe gebaut werden konnten. In diesem Zeitraum wurden z. B. auf der auch als „Elektroschiff bezeichneten„Potsdam“ erste Erfahrungen mit der Drehstromtechnik bei 6.000 Volt gesammelt. Die zwei Dampfturbogeneratoren hatten eine Nennleistung von je 13.000 PS und die Frequenz von 50 Hz. Die Propellermotoren waren Synchronmotoren mit asynchronen Anlauf, der Wirkungsgrad wurde von dem Siemens-Schuckert Werken mit 98% angegeben [4]. Mit der Drehstromtechnologie wurde der Wartungsaufwand verringert und mit der hohen Spannung wurden die Kurzschlüsse beherrschbar. Das restliche Bordnetz hatte eine Gleichspannung von 230 Volt und wurde von vier Turbogeneratoren a 600 kW und zwei Dieselgeneratoren mit je 420 kW versorgt.
Die dritte Phase (1950-1970) ist gekennzeichnet von schnellen Passagierschiffen mit riesigen Antriebsleistungen aus Turbinen und Motoren, die ihre Kraft über Zahnradgetriebe oder elektrisch auf die Propeller übertrugen (Queen Elizabeth II, E-Leistung 95.000 kW). Allmählich wurden diese Fahrgastschiffe als Reiseverkehrsmittel von den Flugzeugen verdrängt [2, 3].
In der vierten Phase befinden wir uns derzeit. Große elektrische Außenbordmotoren, die in drehbaren Gondeln, sogenannten „PODs“, außerhalb des Schiffes angebracht sind, ermöglichen den Kreuzfahrtschiffen in der Hochseeschifffahrt eine extrem gute Manövrierfähigkeit. Sie befinden sich im Seewasser, sparen im Schiff Platz und werden vom Seewasser gekühlt. Sie erfordern zur Speisung mit Strom Generatoren, die von Dieselmotoren oder seltener von Gasturbinen angetrieben werden [2, 3].
Seit rund 10 Jahren werden in der Binnenschifffahrt Kreuzfahrtschiffe eingesetzt, die mit innovativen permanent erregten E-Maschinen arbeiten, deren Läufer mit speziellen Magneten bestückt sind. Sie benötigen weniger Raum, sind leichter und arbeiten mit geringeren Verlusten [5, 6, 7].

Hallo

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 4: Auswahl der Antriebsanlage für Passagierschiffe (Quelle Dr. Hochhaus)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

    2. Strombedarf

Beim Neubau des Schiffes liegen seitens des Reeders oft nur Grobdaten fest wie z. B. Zahl der Passagiere, Ausstattung (Standard, gehobene- oder Luxus-Ausstattung), Tiefgang, Art des Antriebs (Dieselmotoren direkt, dieselelektrisch mit Welle-Propeller oder dieselelektrisch-POD, gasturboelektrisch-POD). Alle diese und weitere Parameter habe auch einen Einfluss auf den Strombedarf (Abb. 3), der in die E-Bilanz einfließt.

 

 2.1 E-Bilanz

Der voraussichtliche Bedarf an elektrischer Energie (E-Bedarf) einer neuen Kreuzfahrtschiffserie wird mit einer groben ersten E-Bilanz von der Werft für verschiedene Betriebszustände wie See-, Revier-, Hafenbetrieb, Sommer- und Winterbetrieb abgeschätzt [4]. Mit dieser Grundlage werden die Antriebsaggregate, die heute in der Regel aus Dieselgeneratoren bestehen, bezüglich der Leistung, Größe und Anzahl ausgewählt. Da in den letzten Jahren gerade die großen Kreuzfahrtschiffe mit dieselelektrischen Antriebsanlagen abgeliefert wurden, ergaben sich im Bordnetz sehr hohe E-Leistungen. Daher wurde die Mittelspannung mit 6.600 oder 11.000 Volt eingesetzt [4, 5], als Nennfrequenz wird 60 Hz gewählt. In diesem Schritt der Entwurfsspirale fällt auch die Entscheidung für die Wahl der Struktur des Bordnetzes [5, 7].

 

Bei dieselelektrisch angetriebenen Schiffen sind die größten E-Verbraucher natürlich die Fahrmotoren. Es folgt die Klimaanlage, wenn die Kälteverdichter, die Kaltwasserumwälzpumpen und alle der Klimatisierung zugeordneten Zu- und Ablüfter betrachtet werden. Der E-Verbrauch dieser Anlagen ist abhängig von den Umgebungsbedingungen [8, 9, 10, 11]. Die Bug- und die Heckstrahlruder (letztere werden nur bei Schiffen ohne POD installiert) sind große E-Verbraucher, sie sind jedoch nur im Revierbetrieb zu berücksichtigen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 Typischer Pod-Antrieb

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.2 Elektrische Fahrmotoren, POD -Antrieb

Bezüglich der Elektrotechnik ist es ohne Bedeutung, wo der E-Motor für den Propellerantrieb untergebracht ist. Bei sehr vielen gebauten Anlagen treibt der Motor einen üblichen Propeller über eine im Stevenrohr gelagerte Welle an (Abb. 4). Seit 1995 werden auch für Propellerleistungen bis 20 MW POD-Antriebe eingesetzt, also Antriebe, bei denen der Propeller zusammen mit dem Elektromotor in einer meist drehbaren Gondel unter dem Schiff angebracht ist (Abb. 5, Tabelle 1). Über die Vor- und Nachteile dieses Systems gibt es unterschiedliche Meinungen [12]. Unumstritten kann mit drehbaren POD`s ein ausgezeichnetes Manövrierverhalten besonders in engem Fahrwasser erreicht werden.

 

Bei Leistungen oberhalb einiger MW werden typisch Synchronmaschinen mit Schleifringen als Motoren eingesetzt. Eine Besonderheit sind permanent erregte Synchronmaschinen (Abb. 4, 5). Bei diesen gibt es keine Verluste in einer Erregerwicklung. Dieser Gewinn kann für eine höhere Ausnutzung des Materials und einen besseren Wirkungsgrad der Maschine genutzt werden. Für einen POD-Antrieb mit dieser Maschinenart bedeutet die schlankerer Bauform wegen der günstigeren hydrodynamischen Verhältnisse einen Wirkungsgradgewinn.

 

Wegen der geringeren Komplexität ist zwar die Zuverlässigkeit von permanent erregten Maschinen größer als von Maschinen mit Erreger. Dem steht aber gegenüber, dass die Fehlerbeherrschung als schwieriger gilt, weil bei drehender Maschine immer Spannung induziert wird. Bei Maschinen mit Erreger kann bei Störungen der Erregerstrom abgeschaltet werden und so die Ausweitung eines Schadens z. B. bei einem Kurzschluss erheblich vermindern.

 

Die aktuell verfügbare Leistungselektronik ermöglicht auch den Einsatz von Asynchronmaschinen, die im Vergleich zu Synchronmaschinen einfacher aufgebaut sind. Sie sind somit auch zuverlässiger und haben einen mindestens gleichen Wirkungsgrad. Einzelne Anlagen mit Leistungen bis 10 MW wurden gebaut.

 

Für die Versorgung der Fahrmotoren mit einer der gewünschten Drehzahl entsprechenden Frequenz wurden in der Vergangenheit verschiedene Arten von Frequenzumrichtern eingesetzt. Die Technik war bestimmt durch die Entwicklung der Leistungshalbleiter. Die auf Thyristoren beruhenden Gleichstromzwischenkreis-Umrichter (Synchro-Converter) und Direktumrichter (Cyclo-Converter) wurden in den letzten Jahren durch pulsweiten-modulierte Umrichter (PWM) abgelöst. In diesen Umrichtern steuern spezielle Transistoren (Insulated-Gate Bipolar Transistor, kurz IGBT) den Strom zu den Fahrmotoren. Nur diese Umrichter sind in der Lage, auch Asynchronmotoren zu versorgen. Im Vergleich von Umrichtern mit Thyristoren sind auch die störende Rückwirkungen der IGBT`s auf das Bordnetz geringer.

 

 

 

 

 

 

Abbildung 5: Anbieter von POD-Antrieben (Stand 2012 Quelle  Prof. Ackermann, Dr. Hochhaus)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.2 Elektrische Fahrmotoren, POD -Antrieb

Bezüglich der Elektrotechnik ist es ohne Bedeutung, wo der E-Motor für den Propellerantrieb untergebracht ist. Bei sehr vielen gebauten Anlagen treibt der Motor einen üblichen Propeller über eine im Stevenrohr gelagerte Welle an (Abb. 4). Seit 1995 werden auch für Propellerleistungen bis 20 MW POD-Antriebe eingesetzt, also Antriebe, bei denen der Propeller zusammen mit dem Elektromotor in einer meist drehbaren Gondel unter dem Schiff angebracht ist (Abb. 5, Tabelle 1). Über die Vor- und Nachteile dieses Systems gibt es unterschiedliche Meinungen [12]. Unumstritten kann mit drehbaren POD`s ein ausgezeichnetes Manövrierverhalten besonders in engem Fahrwasser erreicht werden.

 

Bei Leistungen oberhalb einiger MW werden typisch Synchronmaschinen mit Schleifringen als Motoren eingesetzt. Eine Besonderheit sind permanent erregte Synchronmaschinen (Abb. 4, 5). Bei diesen gibt es keine Verluste in einer Erregerwicklung. Dieser Gewinn kann für eine höhere Ausnutzung des Materials und einen besseren Wirkungsgrad der Maschine genutzt werden. Für einen POD-Antrieb mit dieser Maschinenart bedeutet die schlankerer Bauform wegen der günstigeren hydrodynamischen Verhältnisse einen Wirkungsgradgewinn.

 

Wegen der geringeren Komplexität ist zwar die Zuverlässigkeit von permanent erregten Maschinen größer als von Maschinen mit Erreger. Dem steht aber gegenüber, dass die Fehlerbeherrschung als schwieriger gilt, weil bei drehender Maschine immer Spannung induziert wird. Bei Maschinen mit Erreger kann bei Störungen der Erregerstrom abgeschaltet werden und so die Ausweitung eines Schadens z. B. bei einem Kurzschluss erheblich vermindern.

 

Die aktuell verfügbare Leistungselektronik ermöglicht auch den Einsatz von Asynchronmaschinen, die im Vergleich zu Synchronmaschinen einfacher aufgebaut sind. Sie sind somit auch zuverlässiger und haben einen mindestens gleichen Wirkungsgrad. Einzelne Anlagen mit Leistungen bis 10 MW wurden gebaut.

 

Für die Versorgung der Fahrmotoren mit einer der gewünschten Drehzahl entsprechenden Frequenz wurden in der Vergangenheit verschiedene Arten von Frequenzumrichtern eingesetzt. Die Technik war bestimmt durch die Entwicklung der Leistungshalbleiter. Die auf Thyristoren beruhenden Gleichstromzwischenkreis-Umrichter (Synchro-Converter) und Direktumrichter (Cyclo-Converter) wurden in den letzten Jahren durch pulsweiten-modulierte Umrichter (PWM) abgelöst. In diesen Umrichtern steuern spezielle Transistoren (Insulated-Gate Bipolar Transistor, kurz IGBT) den Strom zu den Fahrmotoren. Nur diese Umrichter sind in der Lage, auch Asynchronmotoren zu versorgen. Im Vergleich von Umrichtern mit Thyristoren sind auch die störende Rückwirkungen der IGBT`s auf das Bordnetz geringer.

 

 

 

Abbildung 6:  Mit LED`s wird der E-Bedarf reduziert (links Edisons Glühlampe, heutige Glühlampe, Energiesparleuchte, LED; verschiedene Quellen)

 

 

 

2.4 Beleuchtung

 Bei der Reduzierung des Strombedarfs wurden in den vergangenen 5 Jahren mit Energiesparleuchten und besonders mit den LED Leuchten (LED light-emitting diode) große Fortschritte erzielt [9, 13]. Da die LED-Leuchten (s. Abb. 6) etwa 80-90% weniger Wärme abstrahlen als die Glühlampen, ist in den klimatisierten Bereichen auch weniger Wärme abzuführen. Dadurch wird bei der Kälterzeugung für die Klimaanlage der Strombedarf reduziert. Neben der Energieersparnis ist durch geschickte Auswahl der Leuchten eine erhebliche Vereinfachung bei der Bevorratung von Ersatz-Leuchtmitteln erreichbar [13] und die deutlich längere Haltbarkeit reduziert den Arbeitsaufwand beim Austausch der Leuchten. So wurde auf der von der Meyer Werft abgelieferten „Solstice“-Klasse (ab 2008) durch Einsatz der LED-Beleuchtung rund 30% an Strom im Beleuchtungssystem gespart. Auf der „Aidablu“ wurden z. B. 36.250 Beleuchtungskörper und 186.500 LED`s installiert.

 

3. Antriebsaggregate zur Stromerzeugung

 Zur Stromerzeugung gibt es verschiedenen Möglichkeiten, bewährt haben sich auf Passagierschiffen in der Vergangenheit Dampfturbogeneratoren, Dieselgeneratoren und Gasturbogeneratoren. In der Regel werden heute 4-8 Diesel-Generatoraggregate (Viertakt-Motoren) geplant, Gasturbogeneratoren wurden selten gewählt. Sie fanden Verwendung, wenn das Schiff sowohl als Kreuzfahrtschiff als auch als Passagierlinienschiff Einsatz finden soll und dafür zwei unterschiedliche Geschwindigkeitsbereiche geplant sind. Als die Treibstoffpreise um das Jahr 2000 sehr niedrig waren, wurden die Serien der insgesamt acht Millenium-Kreuzfahrtschiffe (vier von Chantiers de l'Atlantique, vier von der Meyer-Werft) für die Reedereien „Celebrity Cruises“ und „Royal Caribbean International“ mit Gasturbogeneratoren ausgestattet (Tabelle 1).

 

Von der Meyer-Werft wurden mit diesem Antriebskonzept vier Kreuzfahrtschiffe abgeliefert. Zwei Gas-Turbogeneratoren speisen das Bordnetz. Außerdem werden die Abgase der zwei Gasturbinen in einem Abgaskessel zur Dampferzeugung genutzt. Der Dampf dient neben dem Antrieb eines Dampf-Turbogenerators auch für Heizzwecke. Diese auch als GuD bezeichnete Kombination der Gas- und Dampfturbinenanlage ermöglicht eine den Dieselmotoren vergleichbar gute Brennstoffausnutzung von etwa 50% für den Schiffsantrieb und weitere 10–20% für die Klimatisierung, Trinkwassererzeugung und Warmwasserversorgung. Das GuD-Prinzip wurde als Schiffsantrieb immer wieder vorgeschlagen, projektiert und diskutiert, fand in der zivilen Schifffahrt bisher jedoch wenig Anwendungen. Den Vorteilen der geringeren Geräusche, Vibrationen und günstigeren Emissionswerten stehen die Nachteile erhöhter Brennstoffkosten gegenüber, denn die Gasturbinen vertragen nur das teurere Dieselöl.

 

Bisher kommen im Gegensatz zu Containerschiffen vom Abgas oder Abgaskessel gespeiste Gas- oder Dampfturbogeneratoren nicht zum Einsatz. Ausnahmen waren die Millenium-Kreuzfahrtschiffe, hier wurden den Gasturbinen ein Abgaskessel und ein Dampfturbogenerator nachgeschaltet.

 


Tabelle 1: Technische Daten von einigen Kreuzfahrtschiffen mit POD-Antrieb

 

4. Energieverteilung

Bei den Kreuzfahrtschiffen mit elektrischer Fahranlage, die in den letzten 20 Jahren gebaut wurden, speisen alle Generatoren in eine gemeinsame Sammelschiene ein. Die Systemspannung beträgt meistens 6,6 kV oder 11 kV.

 

Abbildung 7: Mittelspannungsanlage auf  einem Kreuzfahrtschiff, das Monitorbild  zeigt die E-Anlage  im realen Betrieb (Quelle Dühnforth)

 

4.1 Bordnetz

 Diese Sammelschiene versorgt sowohl das Bordnetz als auch die elektrischen Propellerantriebe. Die Sammelschiene ist immer durch einen Leistungsschalter etwa in der Mitte getrennt (s. Abb. 7, 8, 9), so dass auch nach einem Kurzschluss an der Sammelschiene der nicht betroffene Teil in kurzer Zeit wieder mit Spannung versorgt werden kann und der Schiffsantrieb zum Erhalt der Manövrierfähigkeit des Schiffes wieder einsatzbereit ist.

 

An die Sammelschiene sind Transformatoren angeschlossen, die in üblicher Weise die allgemeinen Verbraucher an Bord and dabei insbesondere auch den Passagierbereich mit Niederspannung versorgen. Vorteilhaft ist es dabei, die Transformatoren in den einzelnen Brandabschnitten des Schiffes zu installieren. Für die langen Wege zwischen der Hauptschalttafel wird dann Mittelspannung eingesetzt, was geringere Kupferquerschnitte für die Kabel bedeutet als bei Niederspannung. Vielfach wurden die Transformatoren aus einer logischen Ringleitung beginnend an der Sammelschiene, dann von Transformator zu Transformator weiter und zurück zur Sammelschiene versorgt. Zwischen den Transformatoren sind Schalter installiert, damit wird der Ring an einer Stelle immer geöffnet. Ebenso wie bei einem direkten Anschluss an die Sammelschiene sind nach einem Kurzschluss an einem Transformator oder in einem Kabelabschnitt alle anderen Transformatoren weiterhin versorgt, weil die Schalter es ermöglichen, selektiv nur den vom Fehler betroffenen  Bereich abzutrennen. Demgegenüber erfordert eine Verteilung mit Niederspannung von zwei zentralen Transformatoren aus wesentlich längere und dickere Kabel, die zudem auch feuergeschützt verlegt werden müssen.

 

Die Drehzahlen der elektrischen Antriebsmotoren für die Propeller (Festpropeller) müssen veränderlich sein, deshalb werden die Motoren immer über Frequenzumrichter von der Sammelschiene versorgt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 8: Verschiedene Schaltungen  der elektrischen Propellerantriebe (Quelle Prof. Ackermann)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4.2 Redundanz

 Durch die Aufteilung auf verschiedene Einheiten kann bei mäßigen Mehrinvestitionen eine Redundanz erreicht werden. Im einfachsten Fall (Abb. 8a) ist alleine schon durch die den zwei Propellern zugeordenten Antriebseinheiten sicher, dass das Schiff bei einem beliebigen Ausfall in den Frequenzumrichtern oder Fahrmotoren mit 50 % Leistung fahren kann. Vielfach gebaut werden Fahranlagen mit Motoren, die zwei elektrisch getrennte, Wicklungen enthalten. (Abb. 8b-d). Somit sind bei den in Abb. 8 dargestellten Alternativen b) und c) bei Ausfall eines Umrichters noch 75% der Nennleistung verfügbar bei erträglich ungleichmäßiger Verteilung der Leistung auf die beiden Propeller.

 

Es ist allerdings ein Trugschluss, dass bei dieser Variante auch eine Redundanz bezüglich Fehlern in der Wicklung gegeben sei. Bei einem Kurzschluss innerhalb einer Wicklung wäre möglicherweise auch die andere Wicklung in Mitleidenschaft gezogen. Auf jeden Fall würde aber das Polrad die fehlerhafte Wicklung  mit Leistung versorgen und so an der Fehlerstelle zu einer Ausweitung des Schadens führen. Um auch bei Fehlern an der Sammelschiene noch einen symmetrischen Betrieb der beiden Propeller zu ermöglichen, werden die Antriebe über Kreuz (Abb. 8c) an die trennbare Sammelschiene angeschlossen. Die so einfach aussehende Kreuzverbindung ist mit einem erheblichen Aufwand an Mittelspannungskabeln und Steuerungstechnik verbunden. Es wurden einzelne Schiffe mit mehr als zwei POD-Antrieben gebaut, die Redundanz ist evident.

 

 

Abbildung 9: Modernes Bordnetz, Mittelspannungsanlage eines Kreuzfahrtschiffes mit POD-Antrieb

 

(Quelle Meyer Werft)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 10: Permanenterregter E-Motor (Quelle Siemens)

 

 

 

 

 

 

 

 

5. Zukünftige Entwicklungen bei Kreuzfahrtschiffen

 Die innovativen permanent erregten Maschinen zum Schiffsantrieb aber auch für Bugstrahlruder (Abb. 10, 11) wurden unter 2.2 kurz angesprochen. Weitere technische Entwicklungen bzw. Weiterentwicklungen sind vor dem Hintergrund des Komforts (Lärm, Schwingungen) und besonders der steigenden Brennstoffpreise zu erwarten. Auch das ist der Grund für intensive Untersuchungen zum Einsatz von Brennstoffzellen, der Photovoltaik und der Absorptionsklimaanlagen.

 

 

 

 

 

 

Abbildung 11: Innovatives Bugstrahlruder  Innendurchmesser 2,6 m, wird von einer permanent erregten Synchronmaschine mit 1500 kW Leistung angetrieben (Quelle Voith Turbo)

 

5.1 Brennstoffzellen

 Bis auf die Brennstoffzelle (Abb. 12) wurden Passagierschiffen mit allen denkbaren Antriebsmaschinen ausgestattet. Bei den Kreuzfahrtschiffen ist zukünftig der Einsatz von Brennstoffzellen geplant. Auch sie wird bereits in der Schifffahrt erfolgreich eingesetzt. Allerdings nicht in der Handelsschifffahrt, sondern von der Marine, die in der Vergangenheit häufig die Rolle des Pioniers und des Schrittmachers spielte. Die neuen U-Boote (Klasse 212) der deutschen Marine fahren im Unterwasserbetrieb mit Brennstoffzellen. Damit wird auch diese Technologie zum Schiffsantrieb genutzt. Vielleicht zeichnet sich die Wasserstoff-Technologie als einen der Auswege ab, mit dem die Menschheit den Weg der fossilen Brennstoffe verlassen kann, wenn sie erschöpft sind oder das CO2-Problem nicht gelöst wird.

 

 

 

 

 

Abbildung 12: Brennstoffzelle für 120 kW (Quelle Siemens)

 

 

 

 

 

 

 

 5.2 Photovoltaik

Auf der Solstice-Klasse wurde eine Photovoltik-Anlage mit einer Nennleistung von 10 kW für die Beleuchtung der Crew-Unterkünfte installiert [14]. Das bedeutet einen weiteren Schritt in eine nachhaltige Stromerzeugung auf Kreuzfahrtschiffen. Einen interessanten Test unternimmt derzeit das auch als Solarschiff bezeichnete Versuchsboot „Turanor Planetsolar“ (Abb. 13) mit einer Länge von 31 m, Breite von 15 m und einer Verdrängung von 95 t. Die Decksflächen und ausfahrbaren Flächen sind einer Gesamtkollektorfläche von 535 qm ausgestattet. Die Solarpanele bestehen aus 825 Solarmodulen mit 38.000 Photovoltaikzellen. Die Gesamtleistung der Photovoltaikanlage beträgt 93,5 kW, sie speist das Bordnetz und den Antrieb der zwei Propeller. Sie werden von vier elektrischen Permanentmagnet-Synchronmotoren mit insgesamt 240 kW angetrieben. Damit kann eine Geschwindigkeit von maximal 14 Knoten  erreicht werden. Das Solarschiff befindet sich auf einer Weltumrundung und hatte z. Zt. der Manuskripterstellung Ende Januar rund 26.900 Seemeilen zurückgelegt.

 

5.3 Absorptionsklimaanlagen - mit Abwärme wird Kälte erzeugt

 Diese „uralte“ Technik, die ersten erfolgreichen Kühlschiffe waren vor über 100 Jahren mit Absorptionskälteanlagen ausgestattet, kommt zurück auf die Schiffe. Die mit einem Gemisch aus Lithiumbromid und Wasser arbeitenden Kälteanlagen erzeugen das Kaltwasser für die Klimatisierungsanlagen. Sie sind größer und schwerer als elektrisch angetriebene Turboverdichter. Da sie die Abwärme der Dieselmotoren nutzen, sparen sie Strom und damit Primärenergie. Bei Kreuzfahrtschiffen ist es besonders lohnend, weil die Klimatisierung den zweithöchsten Stromverbrauch hat. So wird die „Aidamar“ mit einer Prototypanlage ausgestattet, die für eine Kälteleistung von rund 1.300 kW ausgelegt wurde [16].

 

 Abbildung13: Das Solarschiff „Turanor Planetsolar“ in Hamburg (Foto Dr. Hochhaus)

 

 
6. Zusammenfassung
Der Rückblick zeigt, dass der Strom vor rund 130 Jahren mit der Beleuchtung auf die Überseeschiffe kam und seither eine ständig steigende Bedeutung erhielt. Heute werden die Kreuzfahrtschiffe und viele Fährschiffe dieselelekrisch angetrieben. Werden als POD bezeichnete elektrische Fahrmotoren eingesetzt, übernehmen sie neben dem Antrieb auch die Funktion des Ruders. Grundlage zur Auslegung und Wahl des Bordnetzes, der Aggregate zur Stromerzeugung und des Schiffsantriebes ist die E-Bilanz mit allen E-Verbrauchern. Aufgrund der hohen E-Leistungen wird die Mittelspannung zur Stromerzeugung und Stromverteilung an die leistungsstarken E-Verbraucher gewählt. Über Transformatoren werden die anderen E-Verbraucher versorgt. Die Redundanz bei der Stromerzeugung und Verteilung ist sehr wichtig und moderne Netze werden als Ringnetz ausgeführt.
Man darf vor dem Hintergrund des steigenden Ölverbrauchs und versiegenden Ölquellen auf die kommenden Entwicklungen gespannt sein. Welche Rolle werden die Brennstoffzellen und die Photovoltaik zukünftig auf den Kreuzfahrtschiffen übernehmen?

7. Literatur
[1] Wangerin, A.: Geschichte der Schiffsbeleuchtung; in 100 Jahre Schifffahrt, Schiffbau, Häfen; 1964 Hamburg, Schiffahrtsverlag „Hansa“ C. Schroedter& Co.
[2] Ackermann, G., Hochhaus, K.-H.: Hilfsmaschinen-Elektrische Versorgung; in Dampfer, Diesel und Turbinen - Die Welt der Schiffsingenieure. 2005 Convent Verlag, Hamburg
[3] Hochhaus, K.-H.: Antriebsanlagen, in Leidenschaft Schiffbau, 2000 Koehlers Verlagsgesellschaft
[4] Bleicken, B.: Die Maschinenanlage der Potsdam. STG Jahrbuch 1936 Band 37
[5]Ackermann, G., Planitz, W.: Elektrotechnik; in Handbuch Schiffsbetriebstechnik, Seehafen Verlag 2006
[6] Magens, K.: Permasyn - Ein permanent erregter Synchronmotor für den Schiffsbetrieb. STG Jahrbuch 1987 Band 81
[7] G. Ackermann: Elektrische Antriebsanlagen und Schiffsbordnetze. Hansa Nr. 7/2011
[8] Droste, W., Hochhaus, K.-H.: Reduzierung des elektrischen Energiebedarfs auf Handelschiffen. Hansa Nr. 21/1987
[9] Hochhaus, K.-H.: Energieeinsparungen im Hotelbetrieb großer Passagierschiffe. Schiff +Hafen Nr. 5/2007
[10] Mehrkens, J. D., Hochhaus, K.-H.: Abwärmenutzung und Klimatisierung auf Passagierschiffen. Hansa Nr. 3/2008
[11] Hochhaus, K.-H.: Schiffselektrotechnik und Hilfssysteme - Ein Überblick. Hansa Nr. 10/2011
[12] N. N.: STG-Hauptversammlung mit verschiedenen Vorträgen der POD-Hersteller, STG Jahrbuch 2002, Seite 477 ff.
[13] Ackermann, G., Gregor, P.: The importance illumination for the operational cost and the integration of lightning equipment with the ship network. Indien, World Maritime Technology Congress 2009
[14] Eckardt, C.: Modernste Technik für wachsende Ansprüche. Hansa Nr. 9/2011
[15] N. N.: Turanor PlanetSolar.  HANSA, Nr. 7/2010
[16] Hochhaus, K.-H.: Energieeffiziente Klimatisierung von Schiffen. Hansa Nr. 12/2011