folgendes Bild

 

 5.1       Trinkwassersysteme auf Schiffen

 

            Karl-Heinz Hochhaus

 

 

5.1.1   Einführung

 

 Das auf Überseeschiffen benötigte Frischwasser wird weitgehend aus Seewasser erzeugt und je nach Verwendungszweck als

– Brauchwasser,

– Speisewasser, Frischkühlwasser und

– Trinkwasser

aufbereitet und verwendet [5.1.1].

 

Im Schiffsbetrieb wurde das Frischwassersystem früher zur Versorgung der Besatzung in Trink- und Brauchwasser unterteilt. Trinkwasser diente zur Speisebereitung, zum Trinken, Waschen und Geschirrspülen. Mit Brauchwasser wurde das Spülwasser des WC bezeichnet. Als Brauchwasser wurde Seewasser, Trinkwasser minderer Qualität und nach dem Gebrauch gereinigtes Trinkwasser verwendet. Für jede Wasserart (Seewasser, Frischwasser, Trinkwasser) wurde ein separates System mit Vorratstanks, Rohrleitungen, Drucktanks und Pumpen benötigt. Diese Art der Versorgung war wassersparend und hat sich durchgesetzt, um die zwangsläufig mitgeführten Trinkwasservorräte und deren Gewicht so gering wie möglich zu halten. Durch die einfache und kostengünstige Trinkwassererzeugung aus Seewasser mit Verwendung der Abwärme wurden die Schiffe in dieser Beziehung autark.

 

Die Besatzungen reduzierten sich aufgrund der Automation auf Frachtschiffen von 1960 bis heute auf etwa die Hälfte. Das zweite wassersparende System wurde überflüssig, denn es bedeutete jetzt zusätzliche Kosten und zusätzliches Gewicht. Da die WC-Spülung teilweise mit Seewasser erfolgte, war dieses System auch durch die starken Korrosionen sehr störanfällig. Auf den heutigen Schiffs-Neubauten in Westeuropa wird daher nur noch ein Trinkwassersystem für Trink- und Brauchwasser installiert, welches aus dem Kalt- und Warmwassersystem besteht (Bild 5.1.1). Damit werden zusätzliche Rohrleitungen, Vorratstanks und Einrichtungen eingespart.

 

Neben diesem Trinkwasserversorgungssystem ist ein System zur Trinkwassererzeugung vorhanden. Auf Frachtschiffen werden Verdampfer und auf Forschungs-, Marine- und Fahrgastschiffen außerdem Umkehrosmoseanlagen (engl. RO = Reverse Osmosis) eingesetzt. Das erzeugte Wasser ist nach dem Verdampfer und der Umkehrosmoseanlage noch nicht als Trinkwasser zu gebrauchen, daher wird es in einem nachgeschalteten System aufbereitet (Aufbereitungssystem).

 

 

5.1.2      Frischwassererzeugung

 

lgt durch Bunkern von Land und durch eigene Erzeugung an Bord durch Verdampfer und/oder Umkehrosmoseanlagen (RO). Auf mittleren und großen Frachtschiffen überwiegt die eigene Erzeugung, die bordeigenen Anlagen sind in der Regel auch ausreichend dimensioniert. Auf Fährschiffen mit kurzen Seestrecken (Ostsee, Nordsee, Mittelmeer) erfolgt die Eigenerzeugung wegen der Randmeerproblematik vorwiegend mit RO-Anlagen. Da die Fährhäfen regelmäßig angelaufen werden, gibt es auch ausreichende Erfahrungswerte über die Wasserqualität des Bunkerwassers. Abhängig von der Wasserqualität und dem Wasserpreis hat der Reeder größere Freiheiten bezüglich der Wasserversorgung. Auf Kreuzfahrtschiffen, die weltweit eingesetzt werden, erfolgt die Eigenerzeugung durch Seewasserverdampfung und RO-Anlagen (Membranen), außerdem wird bei Bedarf gebunkert. Hier spielt die Qualität und besonders die Verfügbarkeit von Trinkwasser in den Häfen eine große Rolle, da Kreuzfahrtschiffe auch Häfen in entlegenen Gebieten und auf kleinen Inseln anlaufen.

 

See- oder besser Meerwasser ist vor allem wegen der hohen Konzentration an Salzen (Natriumchlorid) nicht als Trinkwasser geeignet. Theoretisch ist es also nur erforderlich, das gelöste Salz aus dem Meerwasser abzuscheiden. Die dafür erforderliche Energie ist beim Lösen des Salzes (Bindungsenthalpie) im Wasser freigesetzt worden. Für die Trennung von Wasser- und Salzionen gibt es zwei technische Ansätze.

 

1. Entfernung des Wassers aus der Lösung z. B. durch Verdampfen, Gefrieren, Trennung durch Membranen

 

2. Entfernung des Salzes (Ionen) aus der Lösung z. B. durch Elektrodialyse, Adsorber, Ionenaustauscher

 

Großtechnisch haben sich an Land und in der Seeschifffahrt das Verdampfen und das Trennen mittels Membranen zur Gewinnung von Frischwasser aus Meerwasser, also die Wasserentfernung, durchgesetzt wie sie in Bild 5.1.2 dargestellt sind. Die anderen Entsalzungsverfahren haben durchaus Vorteile und sind technisch interessant. Diese Techniken der Salzentfernung haben bisher keine großtechnische Anwendung bei der Frischwassererzeugung auf Schiffen gefunden

 

5.1.2.1 Frischwassererzeugung durch Verdampfung

 

Bei dieser, auf den meisten Schiffen angewendeten Methode, wird das Seewasser verdampft und der Dampf anschließend wieder kondensiert. Damit die Beheizung auch mit Motorkühlwasser erfolgen kann, erfolgt die Verdampfung bei Unterdruck [5.1.3]. Beheizt wird in der Regel mit Motorkühlwasser aus dem Hochtemperatur-System, die Beheizung mit Dampf ist heute auf Frachtschiffen selten. Auf Passagierschiffen werden dagegen häufig mehrstufige Verdampfer vorgesehen, die Aufheizung erfolgt dann häufig mit Kühlwasser und Dampf. Das dabei erzeugte Destillat wird je nach Verwendungszweck aufbereitet. Für die Aufbereitung zum Trinkwasser werden Entkeimungsanlagen und Filter installiert

 

In der Schifffahrt werden drei Verdampferprinzipien eingesetzt [5.1.1]:

In der Schifffahrt werden drei Verdampferprinzipien eingesetzt [5.1.1]:

 

– Tauchrohrverdampfer mit Rohrenbündel- oder Plattenwärmetauscher (Bild 5.1.3)

 

– Entspannungsverdampfer (früher auch als Umwälzverdampfer bezeichnet)

 

– Sprühfilmverdampfer

 

Die Tauchrohrverdampfer haben sich auf Handelsschiffen durchgesetzt. Die Entspannungs- oder Umwälzverdampfer werden vorrangig auf Passagierschiffen verwendet und die Sprühfilmverdampfer finden nur noch selten Verwendung.

 

Tauchrohrverdampfer (Frachtschiffe)

 

Bei dem Tauchrohrverdampfer befinden sich die Heizschlangen im Seewasser. Sie werden vom Motorkühlwasser oder vom Heizdampf durchströmt und erwärmen das Seewasser. Im Bild 5.1.3 wird ein typischer einstufiger Tauchrohrverdampfer schematisch dargestellt. Beim Erreichen der zum jeweiligen Druck gehörenden Verdampfungstemperatur verdampft das Seewasser. Der Dampf steigt durch das Wasser nach oben und im Brüdenfilter, der sich zwischen dem Verdampfer und Kondensator befindet, werden mitgerissene Wassertropfen abgeschieden. Danach wird der Dampf im Kondensator vom kalten Seewasser verflüssigt und das Destillat tropft in den darunter liegenden Destillatsammler. Von hier aus wird es von der Destillatpumpe abgesaugt und je nach Verwendung in die entsprechenden Tanks geleitet. Für die Aufrechterhaltung des Unterdrucks im Verdampfer sorgt ein Strahler oder eine Wasserringpumpe, um die im Seewasser enthaltenen Gase und eingedrungene Luft abzuführen.

 

Die Tauchrohrverdampfer der 1. Generation waren zweistufig ausgeführt, die nächsten Generationen waren vorwiegend einstufig. Je nach Schiffsgröße, Schiffsart und Hersteller werden Anlagen von 5 bis 100 Tonnen Wasser pro Tag installiert.

 

 

Mehrstufiger Entspannungsverdampfer

 

Für den Einsatz auf Passagierschiffen werden mehrere Entspannungsverdampfer zur besseren Wärmeausnutzung hintereinander geschaltet (Bild 5.1.5 und 5.1.6). Diese vier- bis achtsstufigen Entspannungsverdampfer wurden bisher für Schiffe mit Tagesleistungen bis 1000 Tonnen gebaut.

 

Das Seewasser wird über einen Grobfilter mit Hilfe der Seewasserpumpe angesaugt und ein Teil des nicht verdampften Wassers (Sole) aus dem Verdampfer wird zugemischt. Damit wird thermische Energie der Sole zurückgewonnen. Die Temperatur wird sich je nach Seewassertemperatur auf 30 bis 35 °C einstellen. Diese Mischung dient im 1. Schritt als Kühlwasser und nach der Aufheizung in dem Vorwärmer als Speisewasser. Das Kühlwasser wird nacheinander durch die Kondensatoren der einzelnen Stufen gepumpt. Die Temperatur der Wärmetauscheroberfläche liegt unterhalb der entsprechenden Siedetemperatur des Wasserdampfes in der Verdampferstufe. Der Wasserdampf kondensiert an der Wärmetauscheroberfläche und kann als Destillat aus der Verdampfungsstufe abgepumpt werden. Durch die voreingestellte Kühlwassertemperatur wird der Maximaldruck im Verdampfungsteil und damit alle thermodynamischen Parameter am „kalten Ende“ des Verdampfers bestimmt. Berücksichtigt man ein Temperaturgefälle vom Kühlwasser zum Destillat von 6 bis 10 K, so ergibt sich eine maximale Siedetemperatur der Sole von etwa 40 °C und ein maximaler Druck von pabs = 0, 07 bar.

 

Durch den Kondensationsprozess an der Wärmetauscheroberfläche wird die freiwerdende Kondensationswärme des Wasserdampfes auf das Kühlwasser übertragen. Die gesamte Kondensationswärme des Wasserdampfes aller Stufen wird so zurückgewonnen. Dieser Kondensations- und Wärmerückgewinnungsprozess wiederholt sich in jeder Verdampfungsstufe. Dabei wird der maximal zulässige Druck in jeder Verdampferstufe immer durch die Kühlwassertemperatur bestimmt. Hat das Kühlwasser alle Stufen durchströmt und ist durch die Aufnahme der Kondensationswärme vorgewärmt, gelangt es jetzt als Speisewasser in den Vorwärmer. Dies ist der einzige Wärmetauscher des Systems, in dem von außen Wärme in den gesamten Prozess gebracht wird. Die Wärme wird aus dem Dampf der Abgaskessel oder aus dem Kühlwasser (Hochtemperatursystem) gewonnen.

 

 

Mehrstufige Röhrenverdampfer und mehrstufiger Plattenverdampfer

 

Ebenfalls für den Einsatz auf Passagierschiffen dienen die mehrstufigen Röhrenverdampfer (MED Multiple Effect Desalination) oder mehrstufigen Plattenverdampfer (MEP Multi-Effect Plate Distiller). Hier erfolgt die Beheizung des Seewassers ebenfalls mit HT-Kühlwasser und/oder Dampf. Jedoch im Gegensatz zum Entspannungsverdampfer nicht außerhalb, sondern im Verdampfer. Es wird speisewasserseitig im Unterdruck gearbeitet. Das Prinzip ist in der schematischen Darstellung im Bild 5.1.7 ersichtlich, hier wurden nur zwei von sechs bis acht Stufen gezeigt.

 

Das Heizmedium (rot, hier Dampf aus dem Abgaskessel) durchströmt den 1. Wärmetauscher und heizt das Speisewasser (grün, Seewasser) auf. Das Heizmedium Dampf kondensiert und wird mit der Kondensatpumpe (5) wieder in den Dampfkreislauf befördert. Ein Teil des Speisewassers verbleibt mit erhöhtem Salzgehalt, wird unten als Brine (1) gesammelt und strömt nach der letzten Stufe mit der Brinepumpe nach See. Ein anderer Teil des Speisewassers verdampft in dieser 1. Stufe, fließt in die 2. Stufe mit niedrigerem Druck, kondensiert und wird als Destillat gesammelt und fließt über die Destillatpumpe (3) in den Frischwassertank. Die Kondensationswärme dient zur teilweisen Verdampfung des Speisewassers in der 2. Stufe und so setzt sich der Vorgang in den weiteren Stufen fort.

 

Ein Teil des Seewassermassenstromes wird zum Speisewasser, kühlt den Endkondensator (2), und verflüssigt den Dampf der letzen Stufe wodurch das Speisewasser vorgewärmt und mit der Speisepumpe 6 auf die einzelnen Stufen verteilt wird. Das andere Seewasser strömt angetrieben von der Ejektorpumpe (7) durch den Ejektor (10), reißt die nicht kondensierbaren Gase aus dem Innenraum des Verdampfer mit und hält damit den Unterdruck aufrecht. Ein mehrstufiger MEP-Verdampfer für 900 Tonnen Frischwassererzeugeung pro Tag ist im Bild 5.1.8 zu sehen.

 

Der wesentliche Unterschied zwischen diesen mehrstufigen Frischwassererzeugern sind die Wärmetauscher, die beim MEP-Typ als Plattenwärmetauscher (Bild 5.1.7 und Bild 5.1.8) und beim MED-Typ als Röhrenwärmetauscher (Bild 5.1.5, 5.1.6) ausgeführt sind.

 

Regelung

 

 Beim automatisierten Schiffsbetrieb werden die Frischwassererzeugungs- und Trinkwasser-Aufbereitungsanlagen vollautomatisch betrieben. Dazu wird der Wasserstand im Verdampfer durch den Zulaufregler auf einen vorgegebenen Wert geregelt. Die Salzanreicherung in der Lauge wird durch die Fördermenge der Laugenpumpe im zulässigen Wertebereich eingestellt. Das Destillat wird in einer Salzgehalt-Messanlage überwacht, die den Leitwert des Destillats misst. Wird der eingestellte Leitwert überschritten, wird das Magnetventil in der Ablaufleitung geöffnet, und das Destillat fließt in die Bilge oder nach aussenbords (Bild 5.1.3).

 

5.1.2.2 Frischwassererzeugung mit Umkehrosmose-Systemen

 

Da auf Passagierschiffen der absolute Trinkwasserverbrauch aufgrund steigender Passagierkapazitäten sehr hoch ist, werden Frischwassererzeugungsanlagen mit sehr hohen Leistungen benötigt. Neben den mehrstufigen Verdampfern werden Umkehrosmose-Anlagen installiert [5.1.3].

 

Die Osmose ist ein Transportphänomen der Natur, das die Wasserversorgung der Blätter auch der höchsten Bäume sicherstellt. Bei zwei durch eine halbdurchlässige (semi-permeable) Membran getrennten Salzlösungen unterschiedlicher Konzentration findet ein Transport des Lösungsmittels von der niedrig- zur hochkonzentrierten Seite statt, wobei das Flüssigkeitsniveau auf der Seite hoher Konzentration ansteigt. Dieser Transport erfolgt so lange, bis ein Gleichgewichtszustand erreicht ist. Der sich im Gleichgewichtszustand dabei ergebende Höhenunterschied der beiden Flüssigkeitsspiegel entspricht der Differenz der osmotischen Förderhöhe oder Drücke beider Lösungen (Bild 5.1.9). Somit ist der osmotische Druck des Systems gleich der hydrostatischen Druckdifferenz.

 

Wirkt auf die Lösung mit der höheren Konzentration ein äußerer Druck, der größer als der osmotische Druck ist, kehrt sich der Vorgang um, und es fließt das Lösungsmittel durch die Membran von der hoch- zur niedrigkonzentrierten Seite. Dieser Vorgang wird als umgekehrte Osmose oder auch Umkehrosmose (engl. Reverse Osmosis RO) bezeichnet und findet seine Anwendung als Membranverfahren in der Abtrennung von gelösten Stoffen (Salze, Makromoleküle) aus Flüssigkeiten. Der osmotische Druck ist im Wesentlichen abhängig vom Salzgehalt und der Temperatur des Wassers, so hat z. B. Brackwasser mit einem Salzgehalt von 1500 mg/l bei 20 °C einen osmotischen Druck von 1,15 bar, während Meerwasser mit einem Salzgehalt von 35 000 mg/l bei 20 °C einen osmotischen Druck von 26,5 bar aufweist. Aus der Differenz des aufgebrachten hydraulischen Druckes zu dem osmotischen Druck und den Membraneigenschaften ergibt sich der Volumenstrom durch die Membran. Eine ausgeführte Anlage mit einer Tagesleistung von 200 Kubikmeter zeigt Bild 5.1.10.

 

Die Funktion und Lebensdauer der Membranen (Bild 5.1.11) ist stark abhängig vom Verschmutzungsgrad durch Schwebstoffteilchen und organischen Inhaltsstoffen des zulaufenden Seewassers. Daher ist die Vorreinigung und Vorbehandlung der Umkehrosmoseanlagen sehr wichtig und entsprechend aufwendig. Kristalline Ablagerungen aus verschiedenen, begrenzt wasserlöslichen Salzen (z. B. Calciumcarbonat, Calciumsulfat) blockieren und schädigen die Membranoberfläche (scaling). Mikroorganismen, Metalloxide und Kolloide verursachen Beläge auf der Membran (fouling = Bewuchs, verunreinigend) und führen zur Leistungsminderung und längerfristig zur Membranzerstörung. Zur Vermeidung von Verstopfungen und Verblockungen werden dem Seewasser neben der mechanischen Filtration aus mehreren hintereinander geschalteten Filterstufen (Sandfilter oder aufwendige Mehrschichtfilter) und Mikrofilter (z. B. automatische Kartuschenfilter, Maschenweiten < 10 µm) chemische Zusatzstoffe zur Keimabtötung und zur Flockung zugegeben.

 

Das Seewasser wird von einer Pumpe (Kreiselpumpe, Druck bis zu 6 bar) angesaugt und durch die Komponenten der Vorbehandlung gefördert (Bild 5.1.12). Die Hochdruckpumpe (Kolbenpumpe, Druck > 50 bar) fördert das Seewasser in die Membranmodule. Aufgrund der Druckdifferenz zwischen der Permeat- und Konzentratseite werden die Wassermoleküle durch die Membran gepresst. Das erzeugte salzarme Frischwasser wird als Permeat bezeichnet. Der Hauptanteil des Seewassers mit den gelösten Salzen, organischen Bestandteilen und Mikroorganismen ist aufgrund ihrer molekularen Größe nicht in der Lage, die Membran zu passieren. Dies aufkonzentrierte Wasser wird als Konzentrat über Bord gegeben.

 

Folgende Modulsysteme werden verwendet:

 

– Hohlfaser-Membran

– Spiralwickel- Membran und

– Platten/Scheiben-Membran

 

 

5.1.3 Trinkwassersysteme

 

Hinweise und Vorschriften

 

Zur Auslegung der Vorrats-Tanks, Rohrleitungen, Armaturen, Druckbehälter und Pumpen ist der Wasserbedarf für technische Zwecke und der Trinkwasserbedarf zu ermitteln. Für Trinkwasser werden pro Person und Tag etwa 100 – 300 Liter angenommen, auf Frachtschiffen rechnet man mit 150 – 250, für Fährschiffe 50 – 200 und für Kreuzfahrtschiffe 200 – 300 Liter pro Person und Tag. Eine genauere Ermittlung, besonders für Schiffe mit Passagiereinrichtungen, wird mit Erfahrungswerten der Reedereien und Werften durchgeführt. Die Bunkerkapazität muss für zwei Tage bemessen sein, wobei ein Verbrauch von 120 Litern pro Tag und Person zugrunde gelegt wird.

 

Bei der Projektierung und im Betrieb der Trinkwassersysteme auf Frachtschiffen sind folgende Vorschriften und Hinweise zu beachten [5.1.4, 5.1.5, 5.1.6, 5.1.7]. Es sind die Regeln der jeweiligen Klassifikationen und die nationalen Vorschriften des Flaggenstaates, in Deutschland der Trinkwasserverordnung (TrinkwV), zu berücksichtigen. Für Kreuzfahrtschiffe gelten in der Regel weitere Vorschriften. Bei den Fahrgastschiffen, die amerikanische Häfen anlaufen, sind die Regeln der Gesundheitsbehörde der Vereinigten Staaten „United States Public Health“ (USPH) einzuhalten [5.1.8]. Die „International Convention for the Safety of Life at Sea“ (SOLAS) hat keine Vorschriften zum Trinkwassersystem herausgegeben.

 

Die wichtigsten Vorschriften beinhalten:

 

– Keine gemeinsamen Wände mit Tanks, die andere Flüssigkeiten als Wasser enthalten.

– Rohre durch Trinkwassertanks sind in Rohrtunneln zu verlegen.

– Be-, Entlüftungs- und Überlaufrohre müssen gekennzeichnet sein und sind von anderen Rohren getrennt zu verlegen.

– Mannlochdeckel in der Tankdecke sind mit einem Süll zu versehen.

– Trinkwasserzuflüsse in andere Tanks sind mit Rückstromsicherungen zu versehen oder über offene Trichter zu führen.

– Trinkwassertanks sind von anderen Tanks allseitig mit einem Kofferdamm zu trennen und mit Korrosionsschutz zu versehen, der zu keiner Qualitätseinbuße des Wassers führen darf.

– Trinkwassertanks dürfen nicht als Doppelbodentanks ausgeführt sein, sie müssen jederzeit entleert werden können.

– Das Trinkwasser ist zu desinfizieren, wenn die Erzeugungs- oder Aufbereitungstemperatur unter 80 °C liegt.

– Das Trinkwasser ist einmal im Jahr bakteriologisch zu untersuchen.

 

 

5.1.3.1 Trinkwassersystem auf Frachtschiffen

 

In den Trinkwassersystemen von Frachtschiffen ist die Kalt- und Warmwasserversorgung häufig zusammengefasst (Bild 5.1.1). Das Trinkwasser wird mit der Trinkwasserpumpe aus dem Frischwasservorratstank in den Trinkwasser-Drucktank gefördert. In dem Drucktank wird mit Hilfe eines Luftpolsters ständig ein Überdruck gehalten, der, abhängig von der Größe des Schiffes und Ausdehnung des Trinkwassersystems, 4 bis 7 bar beträgt. Von diesem Kaltwasser-Drucktank werden die Kaltwasserzapfstellen versorgt. Sinkt der Druck unter einen am Druckschalter (Pressostat) eingestellten Druck ab, dann wird die Trinkwasserpumpe durch den Druckschalter ein- und bei Erreichen eines oberen Druckes wieder ausgeschaltet. Mit dieser einfachen Zweipunktregelung ist eine zuverlässige Wasserversorgung möglich, solange der Vorratstank genug Trinkwasser enthält und die Förderleistung der Pumpe ausreicht (Bild 5.1.13).

 

Im Warmwassersystem auf Frachtschiffen befindet sich ein dampfbeheizter, seltener thermalöl- oder elektrisch beheizter Wärmetauscher. Dabei wird die gewünschte Temperatur (ca. 60 bis 80 °C) an einem Thermostaten eingestellt, der die Beheizung beeinflusst. Dazu wird mit einem Regelventil der Thermalöl- oder der Zudampfmassenstrom (Bild 5.1.14) eingestellt. Bei elektrischer Beheizung erfolgt die Zu- und Abschaltung der Heizelemente. Auch die Ausnutzung des Kühlwassers aus dem Hochtemperaturkreislauf wird angewendet, besonders auf kleineren Schiffen. Hier findet man auch häufig die rein elektrische Beheizung.

 

Mit dieser bordüblichen Warmwasser-Beheizung durch Dampf, Thermalöl oder Kühlwasser wird die Abwärme der Hauptmotoren ausgenutzt. Zusätzlich wird eine E-Beheizung installiert, um auch im Hafen bei stehendem Hauptmotor oder in der Werft die Warmwasserversorgung zu gewährleisten. Damit aus den Warmwasser-Zapfstellen sofort warmes Wasser fließt, sind die Warmwasserverbraucher an eine Ringleitung angeschlossen, worin eine ständige Umwälzung erfolgt. Dazu wird eine zweite Pumpe als Umwälzpumpe benötigt.

 

Trinkwassersystem auf Passagierschiffen

 

Grosse Passagierschiffe wie Kreuzfahrt- und Fährschiffe mit hohen Aufbauten verfügen über umfangreiche Trinkwassersysteme, die in der Regel keine Drucktanks mehr enthalten. Hier ist die Trinkwasserdruckpumpe ständig in Betrieb. Die von der Tageszeit und dem jeweiligen Betriebszustand abhängigen Volumenströme werden im einfachsten Fall über eine druckgesteuerte Bypassleitung in den Vorratstank zurückgeleitet. Häufig werden jedoch Parallelschaltungen von Pumpen mit gleichen oder verschiedenen Volumenströmen gewählt. Eine andere zunehmend genutzte Möglichkeit zur guten Anpassung der Volumenströme an den Verbrauch sind polumschaltbare oder drehzahlgeregelte E-Antriebsmotoren der Pumpen. Es werden auch im Kaltwassersystem Umwälzpumpen eingesetzt, um stehendes Trinkwasser und damit die Gefahr des Legionellenwachstums in den Leitungen zu vermeiden.

 

5.1.4 Trinkwasseraufbereitung

 

Bevor das erzeugte Frischwasser zum Trinkwasser wird, muss es aufbereitet werden, da weder das Destillat aus dem Verdampfer noch das Permeat aus der Umkehrosmoseanlage Trinkwasserqualität haben.

 

In der deutschen Trinkwasserverordnung (TrinkwV) [5.1.7] sind alle Anforderungen aufgeführt, die Wasserversorgungsanlagen in Deutschland zu erfüllen haben. Das Wasser für den menschlichen Gebrauch muss genusstauglich, rein und frei von Krankheitserregern sein, um die menschliche Gesundheit nicht zu schädigen. In Leitungsnetzen, in denen die Anforderungen nur durch Desinfektionen eingehalten werden können, muss eine hinreichende Desinfektionskapazität durch freies Chlor oder Chlordioxid gewährleistet sein (Fahrgastschiffe).

 

Die ehemalige SeeBG [5.1.5] jetzt die BG Verkehr bezieht sich auf obige Trinkwasserverordnung und die wichtigsten Vorschriften besagen sinngemäß: Liegt die Erzeugungs- oder Aufbereitungstemperatur von durch Verdampfung oder anderen geeigneten Verfahren aus Seewasser gewonnenen Destillats oder Permeats unter 80 °C, so ist das gewonnene Wasser zu desinfizieren. Dieses Trinkwasser muss den Anforderungen des §  11 des Bundes-Seuchen-Gesetz entsprechen und darf keine Stoffe enthalten, die nicht nach der TrinkwV zugelassen sind. Zusatzmittel auf der Seewasserseite und der Heizseite der Seewasserverdampfer dürfen zu keiner Beeinträchtigung des Trinkwassers in gesundheitlicher Hinsicht führen. Den Nachweis hat sich der Reeder vom Hersteller der Zusatzmittel erbringen zu lassen.

 

5.1.4.1 Desinfektion

 

Allgemein gilt für Trinkwasser gemäß nationalen und internationalen Richtlinien und Vorschriften u. a. die Forderung, dass es frei von Krankheitserregern sein muss. Zur uneingeschränkten Erhaltung der hygienischen Unbedenklichkeit dient die Desinfektion des Wassers durch Abtötung und durch Abscheidung von Krankheitserregern bzw. allgemein der Reduzierung von Keimen (Entkeimung).

 

Zur Desinfektion werden auf Schiffen die folgenden drei physikalischen und drei chemischen Verfahren und Kombinationen davon eingesetzt [5.1.1]: UV-Bestrahlung, Filtration, Erhitzung, Chlorung, Ozonung und Silberionenbehandlung. Von diesen sechs Verfahren werden auf Passagierschiffen die Chlorung und auf Frachtschiffen die UV-Bestrahlung vorwiegend angewendet.

 

Erhitzung

 

Vor diesen Verfahren war die Hitzebehandlung in der Seefahrt durch die Verdampfung von Seewasser unter atmosphärischem Druck sehr weit verbreitet. Sie wurde etwa ab 1960 von den Unterdruckverdampfern abgelöst, bei denen die Verdampfungstemperaturen < 70 °C unter der Schwelle liegen, bei der Bakterien sicher abgetötet werden. Damit fand die UV-Bestrahlung ab diesem Zeitpunkt besonders auf Frachtschiffen schnell ein breites Einsatzfeld.

 

Ultraviolett-Strahlung (UV-Strahlung, UV-Licht)

 

Ultraviolettstrahlen sind elektromagnetische Wellen mit einer Wellenlänge von etwa 380 bis 10 nm und einer Frequenz von ca. 790 THz bis 30 PHz. Die Energie eines einzelnen Lichtquants liegt im Bereich von ca. 3,3 eV (380 nm) bis ca. 124 eV (10 nm). Ultraviolettstrahlung ist nicht sichtbar. Sie zählt jedoch zur Gruppe der optischen Wellenlängen, weshalb häufig der irreführende Begriff "UV-Licht" anzutreffen ist. Die Bestrahlung von Wasser mit ultraviolettem Licht wirkt als chemiefreies Verfahren keimtötend. Kurzwellige UV-C Strahlung (200 – 280 nm) schädigt die DNA und Zellmembranen der Keime, sie können sich nicht mehr vermehren und werden abgetötet.

 

Das Wasser fließt dabei durch die im Rohrsystem montierte UV-Kammer in möglichst dünner Schicht an den Quarzrohren vorbei, in denen sich die UV-Lampen befinden oder umgekehrt (Bild 5.1.15). Eine Umgehung (Bypass) der UV-Anlage ist nicht zulässig. Zur Abtötung bzw. Inaktivierung von Bakterien wird als Mindestdosis zur Desinfektion von Trinkwasser 250 J/m2 angegeben. Die Einbaurichtung soll senkrecht geschehen, um Abscheidungen in den Röhren gering zu halten. Es erfolgt eine UV-Intensitätsmessung. Bei Grenzwertunterschreitung ist Alarm auszulösen bzw. die Sanitäranlage über ein Magnetventil abzuschalten.

 

Die Wirksamkeit der UV Desinfektion ist von der Wasserqualität abhängig. Insbesondere Trübung beeinträchtigt die Wirkung, weshalb in der Regel eine Filtration und eine regelmäßige Reinigung erfolgt. Für die UV-Desinfektion kommen im Wesentlichen Quecksilber-Niederdruckstrahler mit einer Lebensdauer von ca. 8000 –10 000 Betriebsstunden zum Einsatz. Das Verfahren ist insgesamt einfach und wirkungsvoll. Es werden keine schädlichen Stoffe zugegeben, es erfolgt keine Geruchs- oder Geschmacksbeeinträchtigung und die Desinfektion ist pH-Wert unabhängig. Beachtet werden muss, dass bei der UV-Behandlung keine Depotwirkung hinsichtlich Desinfektion gegen eine nachträgliche Wiederverkeimung im Verteilungsnetz gegeben ist.

 

 

Chemische Verfahren, Chlorung

 

Chlor (griechisch chlorós = gelblich grün) ist ein chemisches Element mit dem Symbol Cl und der Ordnungszahl 17. Chlor gehört zur Gruppe der Halogene. Die Chlorbehandlung ist ein altes und bis heute das am weitesten verbreitete Verfahren zur Desinfektion auf Passagierschiffen. In der Wasserversorgung finden der Einsatz von Chlorgas, Natriumhypochlorit (Chlorbleichlauge) oder Calciumhypochlorit Anwendung. Auf Kreuzfahrtschiffen und Fähren wird wegen der einfachen Anwendung vorwiegend Natriumhypochlorit in Form handelsüblicher Lösungen mit einem Chlorgehalt von 150g/l verwendet, welches dem Wasser direkt zugesetzt wird. Bei der Bevorratung von Natriumhypochlorit–Lösungen (30 Liter-Behälter mit einer Chlorkapazität von 150 g/l) muss beachtet werden, dass diese aufgrund allmählicher Zersetzung mit Abnahme des Gehaltes an aktivem Chlor nur zeitlich begrenzt haltbar sind. Wesentlichen Einfluss nimmt dabei die Lagerungstemperatur. So muss bei 25 °C mit einem Verlust an wirksamem Chlor von 2,0 g/l pro Tag gerechnet werden. Innerhalb einiger Wochen kann der Gehalt um 50 % zurückgehen [5.1.1]. Die Wirkung der Desinfektion ist abhängig vom pH-Wert und der Temperatur (pH = 6 – 8 günstigste Wirkung), bei einem pH-Wert von 8 und größer ergibt sich eine deutliche Reduzierung. Das heißt, je höher der pH-Wert ist, um so größer müssen die Restchlormengen sein, wenn bei gleicher Kontaktzeit dieselben Ergebnisse erzielt werden sollen. Der dabei entstehende starke Chlorgeruch täuscht jedoch eine sichere Desinfektionswirkung vor.

 

Problematisch für den Schiffsbetrieb mit ausgedehnten Netzen ist die möglichst gute Abstimmung der Chlorzugabe auf das Wasser, da organische Inhaltsstoffe im Wasser Chlor verbrauchen, was als Chlorzehrung bezeichnet wird und zur Folge hat, dass für die Keimtötung kein oder nicht genügend Chlor zur Verfügung steht. Es ist daher sinnvoll, diese Systeme mit einer Regelung auszustatten, damit die Chlordosierung abhängig von der Restchlormenge an der letzten Zapfstelle erfolgen kann. Sonst besteht leicht die Gefahr der Unterchlorung.

 

Auf Passagierschiffen wird daher der Mindest-Chlorgehalt an den letzten Zapfstellen des Wasserverteilungssystems automatisch überwacht und registriert. Bei Überschreitung der oberen und unteren Grenzwerte wird ein Alarm ausgelöst. Gemäß Trinkwasserverordnung soll nach der Aufbereitung die Mindestkonzentration an freiem Chlor 0,1 mg/l und die maximale Konzentration 0,3 mg/l betragen. Nach den auf Kreuzfahrtschiffen hauptsächlich angewandten Richtlinien der amerikanischen Gesundheitsbehörden sind an der letzten Zapfstelle 0,2 mg/l freies Chlor gefordert. Im gesamten Verteilungsnetz soll die Konzentration im Bereich 0,2 – 5,0 mg/l liegen [5.1.8]. Der Maximalwert entspricht auch dem in den WHO-Richtlinien festgelegten Höchstwert.

 

Bei der Bunkerung und Produktion von Trinkwasser an Bord ist nach USPH eine Chlorung des Wassers mit einer Chlorkonzentration von mindestens 2,0 mg/l gefordert [5.1.8]. Die kontinuierliche Zugabe an Chlorungsmitteln kann über die Wasserdurchflussmenge geregelt werden.

 

Zur Desinfektion des gesamten Trinkwasserleitungssystems, ein bis zwei Mal pro Jahr, wird eine Möglichkeit zur Intensivchlorung vorgesehen. Dabei wird 13 prozentige Natriumhypochloritlösung mit einem Gehalt von 150 g/l an aktivem Chlor vom Dosiertank direkt in einen der Bunkertanks gegeben und somit ein Chlorgehalt von min. 50 ppm erreicht.

 

Chlorkonzentrationen von etwa 0,5 % in der Atemluft sind für den Menschen tödlich. 0,001 % Chlor in der Atemluft haben bereits erste pathologische Wirkungen zur Folge. Das Chlorgas wirkt sehr stark reizend auf die Atemwege, aber auch auf Augen, Haut und die Verdauungswege. Flüssiges Chlor wirkt auf die Haut stark ätzend und Chlorwasser führt zu Reizungen und langwierigen Ekzemen. Der maximale Arbeitsplatzgrenzwert in Deutschland (TRGS 900, Luftgrenzwert) liegt zurzeit bei 0,5 ppm bzw. 1,5 mg pro Kubikmeter Luft.

 

Ozonung [5.1.1]

 

Ozon (O3) ist ein aus drei Sauerstoffatomen bestehendes, instabiles Molekül, hat eine stark schädigende Wirkung auf Mikroorganismen und zählt zu den stärksten Oxidationsmitteln. Daher wird es zur Desinfektion und Oxidation bei der Trinkwasseraufbereitung eingesetzt, so auch in vielen Wasserwerken an Land. Das mit Ozon behandelte Wasser ist frei von Mikroorganismen und Viren und es können auch Mikroorganismen inaktiviert werden, die gegen Chlor unempfindlich sind. Ozon ist sehr giftig und wirkt schon bei niedrigsten Konzentrationen physiologisch als Reizstoff. An das Verfahren sind daher erhöhte technische und fachliche Anforderungen zu stellen. Aufgrund seiner Instabilität kann Ozon nicht über längere Zeit gelagert oder wie andere industriell verwendete Gase in Druckflaschen gekauft werden. Die Herstellung erfolgt vor Ort in Ozonerzeugungsanlagen aus der Umgebungsluft und nach der Aufbereitung darf im Trinkwasser Ozon nur noch in einer Konzentration von max. 0,05 mg/l vorliegen. Auf Schiffen ist die Anwendung im Vergleich zur Chlorung allerdings sehr selten.

 

 

Silberungsverfahren (Katadynverfahren) [5.1.1]

 

Bei diesem ab 1930 eingesetzten Verfahren, auch als Kaltsterilisation bezeichnet, werden keimtötende Silberionen mit einer niedrigen Opferspannung an das Wasser abgegeben. Erst in neuerer Zeit sind Untersuchungen über die Ursachen der Einwirkung des Silbers auf Mikroorganismen durchgeführt worden. Das Verfahren ist besonders geeignet, wenn Wasser über einen längeren Zeitraum haltbar sein soll (Konservierung). In Deutschland wurde die Methode als Katadynverfahren bekannt. Als wesentlicher Nachteil hat sich herausgestellt, dass eine sehr lange Einwirkzeit sichergestellt sein muss. Die Leitungen und Tanks werden durch dieses Verfahren ständig desinfiziert, wobei die Gefahr der Korrosion vermieden wird. Silberionen sind nicht flüchtig und bewahren ihre Restwirksamkeit innerhalb einer großen Temperaturspanne. Das Silberungsverfahren ist in der Handelsschifffahrt wenig verbreitet, wohl aber in der Sportschifffahrt.

 

5.1.5 Nachbehandlung von Destillat

 

Das Destillat ist ähnlich wie Regenwasser ein sehr weiches Wasser und für verschiedene Zwecke ideal. Es wird im technischen Bereich als Kesselspeisewasser, zum Nachfüllen des Frisch-Kühlwassers und natürlich in der Bordwäscherei benötigt. Als Trinkwasser für den menschlichen Gebrauch ist das Destillat aufgrund seines zu geringen Mineraliengehaltes nicht geeignet, es wird daher aufgehärtet. Destilliertes Wasser darf nicht in größeren Mengen und nicht regelmäßig getrunken werden [5.1.5]. Typische Werte für Destillat sind in der Tabelle 5.1.1 aus [5.1.1] angegeben. Das Destillat ist weitgehend salzfrei mit einem Gesamtsalzgehalt von < 5 mg/l und enthält nur in sehr geringen Mengen gelöstes Kohlendioxid. Der pH-Wert liegt im Bereich um pH 6,0 – 6,5 und wird hauptsächlich durch die Konzentration an gelöstem CO2 und Hydrogencarbonat im Wasser bestimmt.

 

Zur Kennzeichnung der Härte wurde der Begriff des Härtegrads eingeführt und als übliche Maßeinheit „Grad deutsche Härte“ (°d bzw. °dH) festgelegt: 1° dH entspricht pro Liter 10,00 mg CaO bzw. 7,19 mg MgO. Heute ist allein das Millimol pro Liter (mmol/l) zulässig. In den USA ist die Angabe in „parts per million“ (ppm) üblich.

 

Qualitativ wurde das Wasser in sehr weiches, weiches, mittelhartes, ziemlich hartes, hartes und sehr hartes Wasser unterteilt. Die Wasserwerke sind verpflichtet, den angeschlossenen Verbrauchern mindestens einmal jährlich den Härtebereich bekanntzugeben, wobei heute in die folgenden Bereiche eingeteilt wird:

1 = weich, < 7° = < 1,3 mmol/l

2 = mittelhart, 7–14° = 1,3 – 2,5 mmol/l

3 = hart, 14 – 21° = 2,5 – 3,8 mmol/l

4 = sehr hart, > 21° = > 3,8 mmol/l

 

 

5.1.6   Nachbehandlung von Permeat

 

Typische Werte für Permeat sind in der Tabelle 5.1 aus [5.1.1] angegeben. Das Permeat aus den Umkehrosmose-Anlagen hat trotz eines hohen Salzrückhaltes der Membranen von > 99 % bei einstufiger Ausführung der Anlagen einen Gesamtsalzgehalt von wenigen Hundert mg/l und ist u. a. insbesondere abhängig von der Zusammensetzung des Meerwassers je nach Fahrgebiet. Der Restsalzgehalt im Permeat wird aufgrund der Membraneigenschaften mit einer größeren Durchlässigkeit (Salzpassage) für einwertige Ionen im Wesentlichen durch den Gehalt an Natrium- und Chloridionen bestimmt. Das Permeat ist aufgrund der sehr niedrigen Calcium- und Magnesiumkonzentration als sehr weiches Wasser zu betrachten, der pH-Wert ist im leicht sauren Bereich und insbesondere abhängig von der Meerwasservorbehandlung. Bei Verwendung von pH-Wert senkenden Chemikalien liegt der pH-Wert des Permeates im Bereich 5,0 – 5,5, ohne Ansäuerung bei ca. 6,5. Auch der pH-Wert des Permeates wird im Wesentlichen bestimmt durch die vorhandene Kohlensäure im Wasser in Form von CO2. Bei Ansäuerung des Rohwassers im RO-Zulauf und der damit verbundenen Erhöhung der CO2-Konzentration können im Permeat aufgrund der CO2-Durchlässigkeit der Membranen erhebliche Konzentrationen auftreten. Das Wasser befindet sich nicht im Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht und hat einen negativen Sättigungsindex. Dies macht eine Entsäuerung in der Nachbehandlung erforderlich [5.1.1].

 

Das erzeugte Frischwasser wird aufgrund der sehr geringen Härte, der fehlenden Pufferkapazität, des niedrigen pH-Wertes, der teilweise, insbesondere in RO-Permeat höheren CO2-Konzentration und des daraus resultierenden negativen Sättigungsindex, als sehr korrosiv eingestuft. Für die Verwendung und Eignung von Destillat und Permeat zur Trinkwasserversorgung auf Schiffen ist eine Nachaufbereitung in jedem Fall erforderlich [5.1.1].

 

Beim gemeinsamen Einsatz beider Systeme auf Kreuzfahrtschiffen gab es Korrosionsprobleme im Leitungsnetz und einigen Wärmetauschern. Der Schutz der Rohrleitungen, Armaturen, Pumpen, Tanks und der Verbraucher muss gewährleistet sein. Die Vermeidung von Korrosion an den überwiegend metallischen Werkstoffen der Wasserleitungen und Armaturen ist oberstes Gebot. Ebenso darf die Wasserqualität durch chemische Reaktionen zwischen Wasser und Werkstoffen aus dem Rohrnetz nicht verschlechtert werden.

 

5.1.7 Bordmessungen

 

Im Rahmen von mehreren Bordmessungen [5.1.9] [5.1.10] wurden die Frischwassererzeugung und der Frischwasserbedarf auf vier Frachtschiffen und zwei Fährschiffen über verschiedene Zeiträume gemessen. [5.1.1] Die Ergebnisse dieser Messungen zeigen z. B. die Abhängigkeit der erzeugten Frischwassermenge von der Seewassertemperatur, und dass die erzeugte und verbrauchte Wassermenge auf See insgesamt nicht immer ausgeglichen ist. Da im Hafen und im Bereich der Randmeere der Verdampfer abgestellt ist, sollte sich im Seebetrieb ein Wasserüberschuss ergeben. Das ist in der Praxis nicht immer der Fall, also muss im Hafen Trinkwasser gekauft werden.

 

Frachter [5.1.9]

 

Die erzeugte Wassermenge auf Frachter 3 betrug im Mittel etwa 7,5 Kubikmeter pro Tag, die verbrauchte Wassermenge betrug 1985 ca. 12 Kubikmeter pro Tag und reduzierte sich bis 1988 auf ca. 8,5 Kubikmeter pro Tag. Bezogen auf die Besatzung ergeben sich hieraus etwa 300 bis 500 Liter pro Kopf, darin enthalten sind jedoch alle Verbräuche.

 

Fährschiff [5.1.1], [5.1.10]

 

Das Trinkwassersystem auf der Ostseefähre dient zur Versorgung der Kaltwasser-, Warmwasser- und der WC-Verbraucher im gesamten Schiff. Das System wurde ohne Speicher ausgeführt und für den maximalen Verbrauch konzipiert.

 

Die Trinkwasserpumpe saugt aus den Trinkwasservorratstanks und fördert das Wasser über einen Filter durch die UV-Entkeimungsanlage zu den Kaltwasserverbrauchern und über das Rückschlagventil zum Warmwassersystem. Mit einem federbelasteten Druckhalteventil wird der Systemdruck auf der Pumpendruckseite eingestellt. Bei Drucküberschreitung wird der zu viel geförderte Volumenstrom in den Trinkwassertank zurückgeleitet. In Bild 5.1.16 sind die Werte für den spezifischen Wasserverbrauch und die Passagierzahlen für einen Monat dargestellt. Die absoluten Werte und Tendenzen bezüglich der Wochentage können abgelesen werden (Tag 6 = Samstag, Tag 7 = Sonntag).

 

Auf einer Nordseefähre mit Speicher wurden nach der Schiffsverlängerung Messungen durchgeführt, um die Kapazität der Warmwasserversorgung zu überprüfen. Dabei wurde deutlich, dass es morgens bezüglich des Volumenstromes und der Temperatur zu Einschränkungen kam (s. a. Bild 5.1.13).

 

 

 

Parameter

Einheit

Typische Werte für Destillat

Typische Werte
für Permeat

pH-Wert

 

6,5–7,0

5,06,5

Elektr. Leitfähigkeit

µS/cm

< 15

300700

Hydrogencarbonat

mg/l

<< 1,0

25

Freie Kohlensäure

mg/l

<< 1,0

ca. 301

Gesamthärte

°dH

< 1,0

< 1,0

Natrium

mg/l

< 1,0

5085

Magnesium

mg/l

< 0,2

1–4

Calcium

mg/l

< 1,0

< 3,0

Sulfat

mg/l

< 1,0

< 5,0

Chlorid

mg/l

< 3,0

100–150

TDS

mg/l

< 5

< 300 – < 500

Sättigungsindex SI

 

n. anwendbar

Negativ

 

1) Diese Angabe trifft nur zu, wenn eine Ansäuerung des Wassers im RO-Zulauf vorgenommen wird. Die CO2 Konzentration im Permeat ist weiterhin abhängig von der HCO3 Konzentration des Meerwassers

 

 

Tabelle 5.1.1: Typische Werte für Inhaltsstoffe in Wässern aus der Eigenwasserversorgung mit Verdampferanlagen und Umkehrosmose-Systemen (abh. von der Meerwasserzusam-mensetzung)

 

 

Literatur

 

 [5.1.1] Hesse, T.; Hochhaus, K.-H.; Mehrkens, J. D.: Trinkwassersysteme auf Schiffen, Handbuch der Werften, Band 25, Schiffahrtsverlag Hansa, 2000, Hamburg

[5.1.2] Jung, I.: Ausnutzung von Wärme aus Abgasen und Kühlwasser bei Dieselanlagen, STG-Jahrbuch 1959

[5.1.3] Janda, W.: Beurteilungskriterien für die Auswahl von Umkehr-Osmose-Anlagen, Hansa Nr. 23/24, 1987

[5.1.4] Verordnung über die Unterbringung der Besatzungsmitglieder an Bord von Kauffahrteischiffen Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1973, Teil I Vom 8. Februar

[5.1.5] Merkblatt: Untersuchungspflichten und Überwachung von Wasserversorgungsanlagen an Bord von Wasserfahrzeugen; Arbeitskreis der Küstenländer für Schiffshygiene, Stand Juli 2008

[5.1.6] N.N.: Bauvorschriften und Richtlinien, Teil 1, Seeschiffe, Kapitel 2, Maschinenanlagen, Germanischer Lloyd 2005, Hamburg

[5.1.7] Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung vom Mai 2001. verkündet im Bundesgesetzblatt Nr. 24 (B Bild 5.1.2: Systematik der auf Schiffen vorwiegend verwendeten Frischwassererzeuger (Grafik Dr. Hochhaus)

 

Bilder Kapitel 5.1

 

Bild 5.1.1: Stark vereinfachtes Kalt- und Warmwassersystem eines typischen Frachtschiffes

Bild 5.1.2: Systematik der auf Schiffen vorwiegend verwendeten Frischwassererzeuger (Grafik Dr. Hochhaus)

Bild 5.1.3: Schematische Darstellung eines Tauchrohrverdampfers (Grafik Dr. Hochhaus)

Bild 5.1.4: Tauchrohrverdampfer in Plattenbauart (Foto: W. Albers)

Bild 5.1.5: Prinzipielle Darstellung eines Entspannungsverdampfers, der häufig auf Kreuzfahrtschiffen eingesetzt wird

Bild 5.1.6: Blick auf einen einbaufähigen Entspannungsverdampfer (Foto: Serck Como GmbH)

Bild 5.1.7: Schematische Darstellung des Verdampfungsprozesses im mehrstufigen MEP-Verdampfer (Quelle Alfa Laval)

Bild 5.1.8: Mehrstufiger MEP-Verdampfer in Plattenbauart für eine tägliche Frischwasserkapazität von 900 t/d (Quelle Alfa Laval)

Bild 5.1.9: Prinzipielle Darstellung der Osmose und Umkehrosmose (aus [5.1.1])

Bild 5.1.10: Moderne Umkehrosmose-Anlage (Trinkwasserkapazität 200 cbm/Tag) mit Energierückgewinnung und „isobaren Drucktauscher“ (Quelle ROCHEM RO-Wasserbehandlung)

Bild 5.1.11: Schematische Darstellung eines Moduls zur Trinkwassererzeugung aus Meerwasser nach dem Prinzip der umgekehrten Osmose (Quelle: Diederichs)

Bild 5.1.12: Vereinfachte schematische Darstellung eines Umkehrosmose-Systems zur Trinkwassererzeugung (aus [5.1.1])

Bild 5.1.13: Warmwassersystem, Messungen der Temperatur und des Volumenstroms über 14 Stunden auf einer sehr großen Passagierfähre, zur Morgenspitze (20 cbm/h) um 7:30 ist der Verbrauch größer als die Pumpen- und Heizkapazität (Grafik Dr. Hochhaus)

Bild 5.1.14: Regelventil zur Heizdampfversorgung in einer Warmwasseranlage (Foto Dr. Hochhaus)

Bild 5.1.15: Blick in die geöffnete UV-Desinfektionsanlage eines Containerschiffes mit vier UV-Lampen und zwei Quarzrohren, durch die das Trinkwasser fließt (Foto: J. Dreves)

Bild 5.1.16: Tägliche Passagierzahlen und spezifischer Gesamtwasserverbrauch in Liter pro Person und Tag auf einem Fährschiff